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Kultur: Fortsetzung folgt

Eine SERIE von Christiane Peitz

Serienfans stehen harte Zeiten bevor. Wegen des Streiks der amerikanischen Drehbuchautoren werden ab Ende dieser Woche keine neuen Folgen von „Desperate Housewives“ mehr gedreht. Sollte der Streik dauern, wird der Vorrat der bereits abgedrehten Episoden Weihnachten verbraucht sein. Das sind, schreckliche Vorstellung, noch sechseinhalb Wochen.

Dass „Hausfrauen“-Star Eva Longoria bei der Streikdemo in Hollywood solidarisch Pizza verteilt haben soll, ist auch kein Trost. Wer bitte versorgt uns Soapjunkies mit frischem Stoff? Was überhaupt ist der Mensch ohne Fortsetzungen? Alle Schaulust will Ewigkeit; deshalb sind die Endloserzählungen vom Leben als einem langen, unruhigen Fluss ein unersetzlicher Tranquilizer in schnellen Zeiten. Und jeder Cliffhanger, jede neue Staffel birgt das Versprechen: Schließlich, morgen ist auch ein Tag.

Apropos: Genau dieser Tag verheißt Rettung. Denn der legendäre Schlusssatz aus Margaret Mitchells Schmachtschinken „Vom Winde verweht“ passt trefflich zur Seriennotlage. Nicht nur, weil Scarlett O’Hara bekanntlich die Mutter aller verzweifelten Hausfrauen ist, sondern vor allem, weil pünktlich zum Autorenstreik die dritte „Vom Winde verweht“-Fortsetzung weltweit in die Buchläden kommt. „Rhett“ heißt der Schmöker, stammt von Donald McCaig, hat 631 Seiten und endet mit dem Satz „Und das war noch lange nicht das Ende“. Das Buch taugt also bestens zur späten Fortsetzung all jener durchwachten Nächte früher Mädchenjahre, als der von romantischen Flausen und Akne geplagten Leserin dank Rhett Butler zu dämmern begann, dass Liebe nicht nur Kuscheln bedeutet, sondern auch Krieg, Kampf und Gewalt. Schon in den Südstaaten ging es zu wie heute in „Desperate Housewives“.

Also Fernseher aus, Leselampe an? Erste Rezensionen verheißen nichts Gutes. Angeblich spinnt „Rhett“ die größte Lovestory aller Zeiten nicht fort und blendet auch nicht in deren Vorgeschichte zurück, sondern erzählt nur aus anderer, nämlich seiner Perspektive. Kein Sequel, kein Prequel, sondern ein – Equal? Außerdem betreibt McCaig (der Mann ist Schafzüchter!) offenbar des Widerspenstigen Zähmung und deutet unseren Helden zum good guy und Warmduscher um. Rhett Butler, ein vom Vater mies behandelter Sohn, ein Opfer und mitnichten ein rauer Geselle? Mannomann, was bitte ist an so einem noch sexy? Auf die schwächelnden Gatten der „Desperate Housewives“ können wir gerne verzichten. Dieser Rhett ist leider auch keine Alternative.

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