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Kultur: Forum: Brot der wilden Jahre

Die Frau mit der skandalösen Vergangenheit lebt zwischen Möpsen: gestickten, fotografierten, gemalten und welchen aus Plüsch oder Porzellan. Irgendwo wuseln auch ein paar echte herum.

Die Frau mit der skandalösen Vergangenheit lebt zwischen Möpsen: gestickten, fotografierten, gemalten und welchen aus Plüsch oder Porzellan. Irgendwo wuseln auch ein paar echte herum. Ihre Herrin ist eine attraktive Frau in den 60ern, die dann und wann von einer schier unersättlichen Gier nach Zitronenkuchen heimgesucht wird. Brigid Berlin war eine typische höhere Tochter der fünfziger Jahre: Vater Generalmanager des Hearst-Imperiums, Mutter Society-Gastgeberin auf der Fifth Avenue. Brigids Zukunft als goldhaarige, gertenschlanke Gattin eines Rockefeller-Sprosses schien gesichert. Aber Brigid fraß. Und pubertierte in den späten sechziger Jahren, als sich eine ganze Generation im Aufbruch befand. Und dann wurde sie doch Society Girl, aber eben im Greenwich Village, wo die Factory von Andy Warhol lag.

Die Fremonts montieren Archivmaterial aus Brigids bewegter Vergangenheit mit Passagen aus Interviews mit Leuten aus der Underground-Kulturszene. So entsteht das Bild einer Rebellin, deren angestaute Wut sich vor allem gegen sich selbst richtete, indem sie ihren Körper privat und vor Publikum malträtierte, aber in ihren Performances auch ihre Zeitgenossen nicht schonte. Amüsiert und manchmal auch angeekelt erinnert sich das ehemalige "Chelsea Girl" an ihre wilden Jahre. Damals war auch das Private politisch. Und sie war nicht die einzige, die sich von einem starren, patriarchalen Gesellschaftssystem emanzipierte.

sann

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