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Lichtblick. „Boy in Yellow Shirt“ 2016 von Shi Yangkun fotografiert.

© Tutzek Stiftung

Fotobuch aus China: Hier sind wir

Das Buch „About us“ über aktuelle Fotografie versammelt spannende künstlerische Positionen aus China - und gibt Einblicke abseits der staatlichen Selbstdarstellung.

Vier Quadratmeter und ein Bett für drei Menschen. Wang Bing hat das Trio, das hier lebt – ein Steinmetz und seine beiden Teenager-Söhne –, 2014 in der chinesischen Provinz Yunnan fotografisch begleitet. Eine Existenz, an der die staatliche Reformpolitik vorbeigegangen ist. Arretiert in schwarz-weißen Aufnahmen voll Verlorenheit und Zuneigung.

Wang Bing zählt zu den Stars im neuen Buch „About us“ über die zeitgenössische Fotografie in China. Seine Filme werden international prämiert, mit seinen Bildern war er unter anderem auf der Documenta 2017 in Kassel vertreten. Doch wer kennt Cai Dongdong oder Gao Mingxi jenseits der Fotoszene? Und wer erinnert sich noch an den kurzen, heftigen Erfolg von Reng Hang, der 2017 mit nicht einmal dreißig Jahren aus dem Leben schied?

Ihnen und einem Dutzend weiterer Künstler:innen widmete die Münchner Tutsek-Stiftung 2020 eine Ausstellung, die ebenfalls den Titel „About us“ trug und nun dessen Basis ist. Auf der Website der Stiftung, eine der großen Kulturmäzene der bayerischen Metropole, ist die Schau noch immer präsent: Es gibt diverse Videos und einen Link zur (ebenfalls von der Tutsek-Stiftung geförderten) Online-Plattform photographyofchina.com, die seit 2011 ein Archiv mit Bildern wie Texten zum Thema betreut.

[„About us. Young Photography in China“, hrsg. von der Alexander Tutsek Stiftung, Hirmer Verlag, 295 S., 39,90 Euro; www.atutsek-stiftung.de]

Vor allem aber imponieren Reichtum und Vielfalt der Innenansichten aus einem Riesenreich, das Außenstehende zu kennen glauben, bloß weil sie vertraut mit seinen Klischees sind. „About us“ bestätigt manches, erzählt aber ebenso vom Gegenteil. Ronghui Chen, Jahrgang 1989, setzt die Träume jugendlicher Protagonisten in Szene, Chen Wei entwirft informelle Gegenwelten zum reglementierten Alltag und Zhang Xiao beschwört seine Familiengeschichte jenseits der gesellschaftlichen Modernisierung mit ländlichen Collagen wie „Apple Truck“.

Es gibt Bilder von nackten, verletzlichen Körpern, die Reng Hang ohne Schonung exponierte – auf Dächern, im Wald oder mit Farbe übergossen. Und ganz egal, ob auf der Website oder im Buch: Sie alle weiten unseren Blick.

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