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Kultur: Fragen & Frieden

DISKUSSION

Nach zwei Wochen Feier-Marathon fassen wir zusammen: Kant ist ein Genie, ein Aufklärer, ein hoffnungsvoller Pessimist, ein Vordenker, ein Spätzünder, ein Alleszermalmer, ein Preuße, ein Frauenverächter, eine Memme, ein mieser Stilist, ein alter Europäer, ein brillanter Billardspieler, der Philosoph der Freiheit, der Vernunft, des Glaubens und der Hoffnung, eine Friedenstaube im Gegenwind und – von Arkansas bis Afghanistan – unser hellster Stern am Firmament. Kant staunt gerne (über den Himmel über sich und das moralische Gesetz), hasst Jubiläen, ist seit 200 Jahren tot, unsterblich und – hat es überstanden. Nach Aschermittwoch ist auch für ihn alles vorbei. Erschöpft kehrt er zurück in seine Heimat, die ewig murmelnde Stille des Seminars. Friede sei mit ihm.

„ Immanuel Kant : Der ewige Traum vom Frieden“. Unter diesem Motto traf am Rosenmontag in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaft eine hochkarätige Gesprächsrunde zusammen. Bischof Wolfgang Huber, Philosoph Volker Gerhardt und Hermann Scheer, Träger des alternativen Nobelpreises, bemühten sich in durchaus unkontroverser Weise, Kants Aktualität zu veranschaulichen. Da ging es vom Godesberger Programm zu „gesellschaftlichen Leitplanken“ für ein neues Jahrtausend, vom Menschen als Zweck an sich zum Forschungsklonen in koreanischen GenLabors, von der Gehirnforschung zur Selbstbestimmung und ab in den Kosovo, schließlich zur UNO, dem föderalen Weltstaat und der Doktrin des Präventivschlages. Zweifellos wichtige Themen – und nicht wenige. Für sämtliche Bereiche gelang es dem Podium, Kants Denken in eigenem Sinne anzuschließen.

Doch trotz Engagement und Sachkenntnis wurden auch hier die Grenzen populärer Philosophievermittlung offenbar. Es hilft nichts: Wer mit Kant selbst denken will, muss ihn auch selber lesen. Das bringt Freude, dauert Jahre und verspricht alles – nur keinen ewigen Fragefrieden.

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