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Franz Dobler, geboren 1959, legt mit "Ein Schlag ins Gesicht" seinen zweiten Roman vor.

© Marijan Murat

Franz Doblers Krimi „Ein Schlag ins Gesicht“: Der Bulle und das Satansmädel

Action in einem Milieu von gestern, geprägt von Nähe, nackter Haut und Härte: Franz Doblers Krimi „Ein Schlag ins Gesicht“ verpasst dem deutschen Hard-boiled-Genre Testosteronschübe.

Sie war mal prominent. Jetzt hat sie nur ein Problem. Simone Thomas, früher von Beruf Sexbombe, behauptet, verfolgt zu werden. Sie fühlt sich bedroht. Doch nicht mal die Sicherheitsfirma, die dem Stalker Grenzen setzen soll, ist überzeugt von ihrer Behauptung. Kraftvoll hält sich das Gerücht, die ehemalige Hauptdarstellerin aus dem Film „Die Satansmädel von Titting“ giere nach Bedeutung, um es noch mal zu einer gewissen Boulevard-Prominenz zu bringen.

Das Busenwunder der Mittsiebziger, noch immer schön, wenn auch verfallend schön, ist Robert Fallners erster Auftrag. Fallner ist der Held in Franz Doblers zweitem Kriminalroman. Der Autor, Jahrgang 1959, Träger eines schmal rasierten, unmodernen Schnurrbarts, hat mit Fallner eine Figur erschaffen, die dem deutschen Hard-boiled-Genre Testosteron-Schüsse in Serie verpasst. Jörg Fauser lässt grüßen. Dobler aber lebt nicht in Berlin. Seine Geschichte spielt im Münchner Bahnhofsviertel. Ihr historischer Hintergrund ist die Zeit, in der in Bahnhofskinos die „Schulmädchen-Report“-Filme liefen. Deren Darstellerinnen, prominent in einer eigenen Subkultur, bekamen einiges mit von den hippiesken Zeitläuften – wie Simone Thomas ihrem Aufpasser Robert Fallner erzählt.

Ein wuchtiger Kriminalroman

Beide verbringen lange Nächte miteinander. In denen erzählt Simone Thomas: von den Hoffnungen, als Fotomodell groß rauszukommen, von den Männern, die am besten immer gut bei Kasse sein sollten. Fallner hört zu. Seinen Beruf bei der Kriminalpolizei hat er aufgegeben, nachdem er bei einem Einsatz einen Jugendlichen erschossen hatte. Zwischen beiden entsteht die Art von Nähe, die von Sympathie getragen ist und in dem Moment zerstört würde, in dem sie oder er eine unsichtbare Grenze übertritt.

Die Diva, der Aufpasser, der den Fall klären soll, sein Bruder, der die Sicherheitsfirma führt, der Sohn der Diva, der jetzt endlich selbst prominent werden will – das sind eindrucksvolle Charaktere. Seinem Roman hat er einen Satz des großen Elmore Leonard vorangestellt: Kümmere dich nicht darum, was deine Mutter von deiner Sprache hält.

Das gilt in „Ein Schlag ins Gesicht“ für die Sprache und ihren Inhalt: Action in einem Milieu von gestern, geprägt von Nähe, nackter Haut und Härte. Als Fallner seinem Freund Armin, mit 55 noch Punk, von dem Auftrag erzählt, sagt der: „,Die Satansmädel von Titting’, Mann, das war der Grundstock meiner nicht unerheblichen sexuellen Bildung. Simone Thomas, für eine Viertelstunde die späte deutsche Antwort auf Jayne Mansfield. Und die lebt noch?“ Sie lebt noch, hat Angst, und ihr Stalker verliert auch noch die letzten Hemmungen: ein wuchtiger Kriminalroman – und eine Liebesgeschichte.

Franz Dobler: Ein Schlag ins Gesicht. Kriminalroman. Tropen Verlag. Stuttgart 2016. 363 Seiten, 19,95 €.

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