zum Hauptinhalt

Kultur: FreigeschossenTU Berlin: Karikaturen der NS-Zeit von Hans Stephan

Humor ist, wenn man trotzdem lacht – doch manchmal bleibt einem das Lachen im Halse stecken. Etwa bei jenen Karikaturen, die Hans Stephan (1902-1973) unter dem Titel „Fröhliche Neugestaltung“ als einer der engsten Mitarbeiter von Albert Speer, dem „Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt“ (GBI), zwischen 1937 und 1942 anfertigte.

Humor ist, wenn man trotzdem lacht – doch manchmal bleibt einem das Lachen im Halse stecken. Etwa bei jenen Karikaturen, die Hans Stephan (1902-1973) unter dem Titel „Fröhliche Neugestaltung“ als einer der engsten Mitarbeiter von Albert Speer, dem „Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt“ (GBI), zwischen 1937 und 1942 anfertigte.

Wohin die Entwicklung der Generalbauinspektion ging, war Stephan und seinen Kollegen durchaus bewusst. So wird in einer Zeichnung anstelle mächtiger Säulentrommeln der Reichstag von einem Kran erfasst: Ein „Irrtum beim Bau der großen Halle“, dem megalomanen Gipfel der NS-Planungen für Berlin. Auch über die Methoden scheint sich Stephan im Klaren gewesen zu sein, wenn etwa die „große Achsenstraße“ mit einer Kanone freigeschossen wird. Die Karikaturen verdrängen jedoch, dass dies die Entmietung ganzer Stadtbereiche bedeutete, deren jüdische Bewohner deportiert und ermordet wurden, sowie den Menschen vernichtenden Einsatz von Zwangsarbeitern. Dass Speer und wohl auch seine Mitarbeiter bei diesen Verbrechen mitwirkten, wird in der Ausstellung deutlich hervorgehoben. Insofern handelt es sich bei Stephans Blättern keineswegs um Kunstwerke, wie einige der Bildanalysen des Kunsthistorikers Lars Olav Larsson im Katalog nahe legen könnten, dem Initiator der Ausstellung und Schwiegersohn Stephans. Vielmehr sind es Zeitdokumente, die als Quelle einer höchst kritischen Lektüre bedürfen.

Stephan dienten seine Karikaturen nach 1945 als „Rückfahrschein“ in die Berliner Bauverwaltung, der er als Senatsbaudirektor 1956-1960 vorstand, ehe er zum Rücktritt gedrängt wurde. In dieser Rolle war er ausgerechnet mit der Leitung eines architektonischen und städtebaulichen Gegenstücks zur „Neuordnung der Reichshauptstadt“ betraut – der Berliner Interbau 1957. Jürgen Tietz

Architekturmuseum der TU Berlin, Straße des 17. Juni 150, bis 19. Oktober, Mo–Do 12-16 Uhr u. nach Vereinbarung. Katalog im Verlag Ludwig, Kiel, 19,90 €

Jürgen Tietz

Zur Startseite