zum Hauptinhalt

Kultur: Fremd bleiben

Nüchtern: Johannes Nabers Debüt „Der Albaner“

Zehntausend Euro – das ist eine monströse Summe Geld, wenn man in Albanien lebt, dem ärmsten Land Europas. Soviel soll Arben (Nik Xhelilaj) als Brautgeld für die Liebe seines Lebens bezahlen. Etleva (Xhejlane Terbunja) ist von Arben schwanger, und die familiäre Schande muss mit Devisen reingewaschen werden.

Also bricht Arben nach Berlin auf und reiht sich ins unsichtbare Heer der illegalen Arbeitskräfte ein. Schon bald wird ihm klar, dass er als Kloputzer für drei Euro die Stunde das Brautgeld nie zusammenbekommt. Er lässt sich auf kriminelle Machenschaften ein und wird als Schleuser an der polnischen Grenze selber zum Profiteur des Menschenhandels.

In seinem Spielfilmdebüt „Der Albaner“ entwirft Johannes Naber ein klassisches Emigrantendrama: erst der verzweifelte Aufbruch ins Wohlstandsland, dann der Niedergang des naiven Helden in den ausbeuterischen Strukturen der Schattenwirtschaft. Dabei leidet der Film deutlich an der Unabwendbarkeit, mit der die Hauptfigur in ihre Schuldverstrickungen hineingetrieben wird. Andererseits beeindruckt die genaue Beobachtungsgabe Nabers, der bisher als Dokumentarfilmer gearbeitet hat: Er zeigt das Leben aus der fragmentarischen Perspektive eines illegalen Einwanderers in Berlin und arbeitet visuell stark mit dem Kontrast zwischen Heimat und Fremde, ohne dabei die Verhältnisse in der albanischen Provinz zu idealisieren. Schließlich sind es die Gnadenlosigkeit patriarchaler Wertvorstellungen und das materielle Gewinnstreben der Brauteltern, die den Helden ursächlich ins Unglück treiben.

In der Kälte der abgeschotteten Wohlstandsgesellschaft gibt es dagegen immer wieder Gesten der Solidarität. Der Apotheker etwa, der dem kranken Freund Antibiotika und Fieberthermometer spendiert, ihm ein trockenes Quartier vermittelt, aber dann wieder verschwindet. Dieses zufällige Aufflackern von Hilfsbereitschaft spiegelt die grundsätzlich indifferente Haltung unserer Gesellschaft präzis. In solchen Szenen zeigt „Der Albaner“ jene Nüchternheit, die den Film vorm Abdriften ins moralisierende Rührstück bewahrt. Martin Schwickert

Eiszeit, Hackesche Höfe und

Tilsiter Lichtspiele

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false