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Frida-Kahlo-Ausstellung: Herz mit Stacheln

Echt oder gefälscht? Um das Bild "Herz, Kaktus und Fötus" in der Frida-Kahlo-Ausstellung im Berliner Martin-Gropius-Bau gibt es Streit.

Das Bild ist klein, und aufwendig gerahmt. Es hängt im letzten Raum der Frida-Kahlo-Ausstellung, die dem Berliner Martin-Gropius-Bau seit vier Wochen – gemeinsam mit der Olafur-Eliasson-Ausstellung – einen nie da gewesenen Besucheransturm beschert. Auch Mexikos Präsident Felipe Calderón Hinojosa hat gemeinsam mit Klaus Wowereit die Ausstellung Anfang Mai besucht. Und doch sorgt das Bild „Herz, Kaktus und Fötus“ für großen Ärger. In der Ausstellung ist es mit „Frida Kahlo zugeschrieben“ beschriftet. Kahlo-Experten, so berichtete die Tageszeitung „Die Welt“ gestern, halten es jedoch für eine Fälschung.

Gereon Sievernich, Direktor des Martin-Gropius-Baus Berlin, sieht hingegen keine Veranlassung, von Täuschung zu sprechen: Man habe mit dem Hinweis „zugeschrieben“ offensiv deutlich gemacht, dass Zweifel an der Eigenhändigkeit des – immerhin mit „Frida Kahlo“ rechts unten gut lesbar signierten – Bildes bestehen. Von einer „Fälschung“ jedoch möchte Sievernich so nicht sprechen. Auch an Meldungen, das Bild könne nach Publikwerden der Eigenhändigkeits-Zweifel aus der laufenden Ausstellung entfernt werden, sei nichts dran – man werde das Bild nicht abhängen. Wie das Kunstforum Wien, wo die Kahlo-Ausstellung im Herbst ihre zweite Station hat, mit dem Problem umgehen werde, konnte Sievernich jedoch nicht sagen – man habe jeweils eigene Verträge mit dem Leihgeber geschlossen. Im prächtigen Katalog, den der Prestel-Verlag zur Ausstellung herausgegeben hat, ist das Bild jedenfalls nicht zu sehen.

Da stand wohl Leihgeber-Interesse gegen Forschungsstand. Helga PrignitzPoda, die Kuratorin der Ausstellung, bestätigt, dass sie dieses Bild ursprünglich nicht angefordert habe, es sei dann jedoch auf der Liste der Leihgaben aufgetaucht. Ihr wäre es lieber gewesen, das Bild nicht zu zeigen – unter Fachleuten sei man sich ziemlich einig, dass es sich um kein Kahlo-Bild handele. Die Präsentation des Bildes in der Ausstellung sei ausdrücklicher Wunsch des Eigentümers gewesen, des mexikanischen Sammlers Carlos Phillips Olmedo, bestätigt auch Gereon Sievernich. Die Kennzeichnung als Zuschreibung war der Kompromiss, mit dem die Kuratoren und Museumsleute leben konnten, die Entscheidung, das Bild aufzunehmen, sei im Team gefallen.

Es ist ihnen wohl auch nicht viel anderes übrig geblieben. Immerhin ist Carlos Phillips Olmedo, der Sohn von Dolores Olmedo, einer der Menschen, um den man bei Kahlo-Ausstellungen nicht herumkommt. Nicht nur verfügt er über eine der beiden wichtigsten KahloSammlungen in Mexiko – die zweite gehört dem Filmproduzenten Jacques Gelman –, er ist auch Generaldirektor des Museo Frida Kahlo und des Museo Diego Rivera-Anahuacalli. An ihm kommt weder vorbei, wer eine Ausstellung zu Frida Kahlo plant, noch wer ein Werkverzeichnis oder einen Katalog erstellen will.

Auch im Hamburger Bucerius-Kunstforum, das 2006 eine ambitionierte FridaKahlo-Ausstellung zeigte, war das Bild zu sehen und auch im Katalog abgebildet, den Katalogeintrag hat damals die mexikanische Kuratorin geschrieben. Auch die mit 34 Kahlo-Bildern bestückte Hamburger Ausstellung speiste sich zu großen Teilen aus der Sammlung Olmedo und hatte sich damals stolz gerühmt, die erste deutsche Kahlo-Ausstellung seit zehn Jahren zu sein. Von Zweifeln an der Eigenhändigkeit will Ortrud Westheider, künstlerische Leiterin des Bucerius-Kunstforums, allerdings nichts gewusst haben, es habe auch keine kritische Diskussion während der Laufzeit der Ausstellung gegeben.

Motivisch passt das kleinformatige Bild mit seinen Dornen, dem blutenden Herzen und dem an der Nabelschnur hängenden Embryo nur zu gut in das Werk der Schmerzensfrau Frida, die zeitlebens auch unter ihrer unfallbedingten Kinderlosigkeit gelitten hatte. Aufgetaucht ist das Bild erst vor wenigen Jahren, als Carlos Phillips Olmedo es erwarb, um die bedeutende Kahlo-Ausstellung seiner Mutter zu vervollständigen. Seitdem schickt er es um die Welt. Präsentationen von Werken auf Ausstellungen können das Renommée eines Bildes erhöhen und für spätere Verkäufe nützlich sein. Der offenkundige Druck des Sammlers, auch das angezweifelte Bild in Berlin zu zeigen, könnte von einem derartigen Rehabilitationswunsch getragen sein.

Dass zur Eröffnung in Berlin noch nicht alle Bilder und Fotografien, auch das umstrittene „Herz, Kaktus und Fötus“, präsentiert werden konnten, hat laut Sievernich allerdings nichts mit Zweifeln zu tun, sondern damit, dass durch die isländische Vulkanaschewolke der Flugverkehr beeinträchtigt gewesen sei, so dass nicht alle Bilder rechtzeitig nach Berlin gelangt seien. Doch bis zum Ausstellungsende werden sie alle hier bleiben.

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