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Blick in die Berliner Galerie Tammen mit einer Silikon-Skulptur von Anke Eilergerhard 

© Art Karlsruhe

Kultur: Frischer Wind im Tal

Die Art Karlsruhe will gar nicht glamourös sein, sondern eine Kunstmesse mit klaren Strukturen und breitem Angebot. Die Sammler honorieren das.

Über 200 Galerien aus elf Länder und rund 50000 Besucher brachte die 12. Art Karlsruhe diesmal in den Südwesten Deutschlands. Neben einer starken Berliner Präsenz - immerhin 24 Galerien kamen aus der Kunstmetropole an der Spree - zog es zahlreiche Aussteller aus Italien und Frankreich ins Rhein-Main-Tal. In diesem Jahr ergänzt von einem ersten Auftritt ungarischer Galerien und Institutionen für zeitgenössische Kunst mit Schwerpunkt Fotografie.

Alles in allem also eine gute Bilanz: Obwohl man der Messe für Klassische Moderne und Gegenwartskunst in der Kunstszene anfangs eher skpetisch begegnete. Ist doch Karlsruhe nicht gerade der Kunststandort, an dem sich die Bohème trifft. Oder haftet einem Sammler-Talk mit dem Rechtsanwalt und Mäzen Peter Raue, dem Rundgang von Künstlerkönig Markus Lüpertz und dem Besuch des Fußballstar Oliver Kahn doch ein wenig Glamour an? Immerhin kaufte Bernhard Prinz von Baden seiner Stadt Karlsruhe zum 300-jährigen Geburtstag bei der Berliner Circle Culture Galerie eine Skulptur von Stefan Strumbel, die im Juni im Schlossgarten aufgestellt werden soll.

Das Konzept: geradlinig und qualitativ hochwertig

Nein, glamourös ist die Art K.nicht - und sie will es auch gar nicht sein. Das Konzept ist geradlinig und qualitativ hochwertig: Eine große, übersichtlich strukturierte und gut organisierte Kunstmesse mit einem soliden Angebot für ein breites Spektrum von Sammlern und Besucher. In diesem Jahr hat man die Aufteilung der vier lichtdurchfluteten Hallen noch klarer strukturiert und Besucher wie Aussteller anhand eines Farbleitsystems zu den Themenschwerpunkten wie „Fotografie, Editionen und Objekte“ oder „Contemporary Art“ gelenkt. Hier haben Beirat und Veranstalter nachjustiert, auch wenn das Segment „Zeitgenössisch“ trotz Neuzugängen, wie Anna Jill Lüpertz und Martin Mertens aus Berlin anscheinend immer noch Schwierigkeiten bereitet. Vor Jahren hatten die Berliner mit der Initiative "Art from Berlin" frischen Wind nach Karlsruhe gebracht: 15 Berliner Galerien präsentierten im so genannten Berliner Block Zeitgenössisches aus der Kunstmetropole und erhielten positive Resonanz auf die kuratierte Schau. Zugelassen waren jeweils maximal drei zeitgenössische Positionen pro Galerie, sodass Sekundärmarkt-Ware keinen Einzug in die Halle 4 erhielt und das Standkonzept besser erkennbar war.

In den Hallen 2 + 3 hat sich die Messe einer klareren Trennung von Kunsthandel und Galeriemarkt verschrieben und erreicht damit ein deutlicheres Bild vor allem in der Halle 2, die nun konsequenter der Gegenwartskunst gewidmet ist. So zeigte die Wichtendahl Galerie aus Berlin eine beeindruckend große Wandarbeit aus gerissenem, mit Bleistift, Grafit und Öl bearbeiteten Papier von Tilmann Zahn, während Carsta Zellermayer in Halle 3 das 40-jährige Galerie-Jubiläum unter anderem mit Werken von Petra Petitpierre, einer der letzten Klee-Schülerinnen, beging. Der Ansatz, dass Gegenwartskunst ohne die klassische Moderne nicht denkbar ist, wird aufrecht erhalten und dennoch mit der Unterscheidung von Moderner Klassik zur Klassischen Moderne differenziert.

Die Messe würdigt ihre Sammler mit Sonderausstellungen

Der Standort Karlsruhe mag auf den ersten Blick wenig motivierend erscheinen, der zweite Blick offenbart jedoch eine hohe Dichte an privaten Museen und großen Firmensammlungen wie etwa Mercedes Benz, SAP und Würth sowie eine erkleckliche Anzahl kaufwilliger Privatsammler. Das Engagement der Sammler honoriert die Messe wiederum mit jährlichen wechselnden Sonderausstellungen. In diesem Jahr wartete die Sammlung Schaufler aus Sindelfingen mit einer großzügigen Präsentation unter dem Motto „Some like it Cool“ auf.

Aussteller wie Messeleitung attestieren der Art Karlsruhe ein gewachsenes Einzugsgebiet, das nicht nur die Region, sondern ebenso Besucher aus der Schweiz, Frankreich und den Beneluxländern umfasst. So kommt es nicht von ungefähr, dass in diesem Jahr - neben den zahlreichen etablierten Galerien, die der Art Karlsruhe über viele Jahre die Treue halten - an die 40 Aussteller neu dazu gekommen sind. Besonders hervorzuheben ist hier Galerist Heinz Holtmann aus Köln, der mit Arbeiten des Zero-Künstlers Heinz Mack punktete.

Monika Grütters und die erhöhte Mehrwertsteuer

Kulturstaatsministerin Monika Grütters sprach sich in ihrer Eröffnungsrede für einen wertorientierten Umgang mit Kunst aus und monierte die eindimensionale Sicht auf den Marktwert der Kunst, die neuerdings in der Politik hoffähig geworden sei. Gemeint war das Land Nordrhein-Westfalen, das zuletzt Kunstwerke aus seinen Beständen verkauft hatte. Die Idee, mit finanziellen Erlösen Finanzlöcher zu stopfen, habe die politische Schutzverantwortung der Kunst in den Hintergrund treten lassen. Eine Entwicklung, die Grütters für unverantwortlich hält.

Auch zum Dilemma des deutschen Kunstmarktes, der Anhebung des Mehrwertsteuersatzes um mehr als das Doppelte auf 19 Prozent, die auch der Art Karlsruhe im vergangen Frühjahr schon herbe Umsatzeinbußen beschert hatte, hatte die Ministerin eine Meinung: Sie kritisierte die Blockadehaltung in den Ländern gegenüber einer kulturverträglichen, pauschalierten Margenbesteuerung und empfahl den Galeristen, sich steuerlich und rechtlich beraten zu lassen, um Spielräume der Neuregelung auszuschöpfen. „Denn Anwendungsvorschriften können eine gesetzliche Regelung ja nicht aushebeln“, meint die Ministerin.

Das wirkte wie Balsam auf die Gemüter der Galeristen, so dass auch Thole Rotermund als Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Deutscher Galeristen und Kunsthändler, sagte: „Die Art Karlsruhe eine Messe, die mir in vielerlei Hinsicht viel Freude bereitet.“ Diese Freude wird er im nächsten Jahr noch etwas früher haben: Dann trifft man sich bereits vom 17. -21. Februar

www.art-karlsruhe.de

Anemone Vostell

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