zum Hauptinhalt

Kultur: Fünf Tage Held Dem Schauspieler

Jean Rochefort zum 80.

Die schönsten Komplimente sind manchmal die unfreiwilligen. Diese Erfahrung machte vor zehn Jahren der französische Charakterdarsteller Jean Rochefort. Zunächst einmal war es natürlich schmeichelhaft, dass Regisseur Terry Gilliam ihm die Hauptrolle in „The Man Who Killed Don Quixote“ anvertraute, einer 32 Millionen Dollar teuren Großproduktion. Leider hatte Rochefort schon vor Drehbeginn mit Schmerzen zu kämpfen, die sich als Bandscheibenvorfall erwiesen. Ein schlechtes Omen für einen Filmdreh, den der Star überwiegend auf dem Rücken eines Pferdes zubringen sollte. Außerdem befand sich der Drehort in Spanien in der Nähe eines Nato-Übungsgeländes, die Komparsen waren schlecht vorbereitet, und bei einem mehrtägigen Unwetter wurden dann auch noch die Dekorationen weggespült. Am fünften Drehtag musste Rochefort schließlich von Madrid nach Paris geflogen und dort operiert werden. Das bedeutete das Aus für die Produktion.

Ein anderer Regisseur hätte den Hauptdarsteller ausgewechselt. Nicht so Terry Gilliam: ein wahrlich großes Kompliment für Rochefort, zumal der Schauspieler außerhalb Frankreichs nicht das war, was man „bankable“ nennt, sein Name hatte international nicht die Zugkraft eines Gérard Dépardieu. Aber für Gilliam gab es keinen „Don Quixote“ ohne Rochefort. So bleibt als Erinnerung an das Projekt nur die Dokumentation „Lost in La Mancha“, die 2002 auf der Berlinale präsentiert wurde.

Für den Schauspielerberuf hat sich Rochefort schon früh entschieden. Mit 19 Jahren beginnt er seine Ausbildung, der Durchbruch beim Film wird dadurch erschwert, dass Rochefort, im wahren Leben ein begeisterter Reitsportler, auf der Leinwand immer etwas müde, träge und schrullig wirkt, und niemals jung. Er ist der Inbegriff des kleinbürgerlichen Genießers, je nach Bedarf liebenswert oder verschlagen, aber die Hauptrollen spielen zunächst andere: Man sieht ihn neben Jean-Paul Belmondo in „Cartouche, der Bandit“ (1962), neben Pierre Richard in „Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh“ (1972) und neben Philippe Noiret in „Der Uhrmacher von St. Paul“ (1974).

Zum Star wird er mit der Komödie „Ein Elefant irrt sich gewaltig“ (1976), über vier Männer in der Midlife-Crisis. Ein Besessener ist Rochefort, der unter Regie von Claude Chabrol, Bertrand Blier und Robert Altman auftrat und immer wieder mit Patrice Leconte zusammenarbeitet, aber nie gewesen, das mag eine gewisse Nachlässigkeit bei der Rollenauswahl erklären. Wenn ihm aber eine anspruchsvolle Aufgabe anvertraut wird, wie in Lecontes charmant-makabrer Liebesgeschichte „Der Mann der Friseuse“ (1990), dann erweist er sich als großer, seinen Ruhm einlösender Charaktersteller. Auch seine Traumrolle, die des Ritters von der traurigen Gestalt, hat er ja gespielt. Wenn auch nur fünf Tage lang. Heute feiert Frankreichs vielfach ausgezeichneter Publikumsliebling seinen 80. Geburtstag. Frank Noack

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false