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Kultur: Für immer jung

Vor 40 Jahren erfanden The Who das Zertrümmern von Instrumenten

Eigentlich war es keine große Sache. Auf der Bühne des Londoner Club Marquee stand eine Band, die noch keiner kannte. Aber was sie da anstellte, war so irrsinnig, dass selbst dem abgehärteten Publikum von Soho die Unterkiefer runterklappten: Der Sänger schwang das Mikrophon wie ein Lasso, der Trommler zerbrach acht Schlagstöcke und der Gitarrist schlug sein Instrument im Finale so lange auf den Verstärker, bis der explodierte.

Der Musiker Peter Denis Blanford Townshend, der Finanzbeamte John Entwistle und der Stahlarbeiter Roger Daltrey hatten sich schon in der Schule kennen gelernt. Keith Moon kam später dazu. Vor ihrem ersten Auftritt hatten sie London mit 16000 Plakaten bekleben lassen: „Maximum R&B“. Obwohl sich nur 200 Neugierige einfanden, wurden 1964 The Who schlagartig Tagesgespräch. Die gestotterte Hymne „My Generation“ endet in einem Inferno kreischender Rückkoppelungen und dem Krach zerberstender Instrumente. Die BBC belegte das Stück 1965 mit Spielverbot, weil das gezischte „f-f-f…“ zwar als „fade away“ endet, aber deutlich als „fuck off“ verstanden wurde. Wenig später führten die zornigen jungen Männer damit die Charts an.

The Who gelten vielen als härteste Rockband ihrer Zeit: Sie zerschlugen ungezählte Hotelzimmer und ramponierten Hunderte Instrumente. Den Lärm der frühen Jahre perfektionierten sie mit Konzeptalben und Rockopern wie „Tommy“. In den Siebzigern huldigten sie dem Guru Meher Baba, schluckten Pillen, stritten und rauften sich wieder zusammen. Bis 1978 Keith Moon mit 32 Haminevrin-Tabletten im Magen tot im Bett des Londoner Mayfair-Hotels aufgefunden wurde. Sein größter Wunsch sei es jung zu bleiben, hatte er einmal in einem Interview erklärt – frei nach „My Generation“: „Hope I die before I get old“.

Ein Jahr danach feierten die Hinterbliebenen mit ihrem Film „Quadrophenia“ ein Comeback. Zum 40. Jubiläum erinnert nun der luxuriöse Fotoband „Maximum Who" an die Ursprünge. Das von Ross Halfin herausgegebene und signierte, auf 1500 numerierte Exemplare limitierte Buch mit Goldschnitt ist in Leder gebunden und nur im Internet (www.genesis-publications.com) erhältlich.

Auf den vielen unbekannten Fotos lässt sich verfolgen, wie sich die Band neu erfand: die britische Flagge missbrauchten sie als Anzugstoff, Orden kombinierten sie mit Elvis-Buttons. In dem Dokumentarfilm „The Kids are alright“, soeben in einer erweiterten 120 Minutenfassung auf DVD erschienen (bei Sanctuary), fragt ein Fernsehmoderator Pete Townshend, warum er seine Instrumente zerstöre. „Die Leute kommen nicht wegen unserer Musik“, antwortet der. „Sie kommen um zu sehen, wie ich meine Gitarre in den Verstärker ramme.“

Ross Halfin: Maximum WHO. The Who in the Sixties: The Photographs of Tony Gale, Colin Jones and others. Genesis Publications Ltd., Guilford/Surrey 2004. 275 S., geb. 328 €.

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