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Kultur: Fulminant

Barenboim mit Beethoven in der Waldbühne.

Wenn Daniel Barenboim den Taktstock hebt, ist das so, als ob ein tobender Orkan aufziehen würde. Auch jetzt ist der Dirigent voller Energie: In der Waldbühne spielt das West-Eastern Divan Orchestra, das aus jungen israelischen und palästinensischen Jugendlichen besteht. Zu Anfang gibt es Beethovens 3. Sinfonie – die Eroica, die sich als Sinn suchende, vom Orchester fabelhaft timbrierte und klug interpretierte Komposition erweist. Barenboim hat die Zügel in der Hand, als Mentor und Gründer dieses einzigartigen Klangkörpers. Jeder Ton sitzt. Fulminant fällt Beethovens 5. Sinfonie aus. Das mag an der Heroik und Unmittelbarkeit der Komposition liegen, doch spürt man in jedem Takt das tiefe Verständnis, das Barenboim mitbringt. Die Dynamik, das Tempo, der elektrisierende dritte Satz, in dem sich ganze Menschheitsdramen abspielen. Der Dirigent weiß jeden Schritt im Voraus zu berechnen. Sein Körper wirkt drahtig, ja streng, manchmal beinahe diktierend – bis das Finale hereinbricht, das kein Halten erlaubt. Das Publikum ist außer sich, applaudiert minutenlang. Barenboim bedankt sich und sagt erschöpft: „Eine Zugabe werden wir leider nicht spielen. Nach Beethovens Fünfter geht das einfach nicht.“ Vor allem nach dieser. Tomasz Kurianowicz

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