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Robert Fischer: "Ohne Titel", 2016

© Galerie Art Cru

Galerie Art Cru: Das Geheimins der Farben

Der Outsider-Künstler Robert Fischer stellt zum ersten Mal in der Galerie Art Cru aus.

Zahlen- und Buchstabenkolonnen, auch spiegelbildlich, dazwischen Kreuze, Kreise, Liniengeflechte, angedeutete Fassaden, großäugige Fratzen und gespenstische Figuren. Eine Art Geheimsprache tut sich auf, teilweise und dann sehr großzügig mit geballten schraffierten Farbschichten in schillerndem Grün, Violett, Rot, giftigem Gelb, Dunkelblau und Nachtschwarz übermalt. In ihnen könnte man auch Elefanten, Fische, Schiffe oder versprengte Meteorite erkennen.

Für Robert Fischer, geboren 1974 in Gera, ist es die erste Ausstellung in Berlin, veranstaltet von der Galerie Art Cru. In seinen Blättern, an denen er oft Wochen sitzt, verbinden sich minimalistische Zeichnung in Bleistift oder Kugelschreiber mit Malerei aus Pastell, Ölkreide und Filzstift. Zwei Systeme treffen aufeinander. Für Fischer fließen eigene Erlebnisse und von ihm geschätzte Architektur mit ein, doch ist ihm bei seiner Kunst weniger das Ergebnis als der künstlerische Prozess wichtig. Ansonsten kommt kein Kommentar von ihm.

Er ist seit 2004 im Atelier Geyso20 der Lebenshilfe Braunschweig tätig, in dem Menschen mit Beeinträchtigung ihre Begabungen entdecken und entwickeln können. Ihre Arbeiten werden seit 2012 in der angeschlossenen Galerie gezeigt. Fischer ist seit langem in den Werkstätten beschäftigt, doch seit Beginn der Corona-Pandemie beschränkt sich seine künstlerisches Arbeiten auf das Zuhause der Eltern. Waren 2019 noch über dreißig Künstler:innen im Atelier Geyso20 tätig, so sind es heute acht in Vollzeit. Beengte Räumlichkeiten erschweren die Einhaltung der Abstandsregeln, Eltern haben Angst, ihre Kinder in die entsprechende Einrichtungen zu schicken, auch das Personal der Werkstätten konnte erst verspätet geimpft werden.

[Galerie Art Cru im Kunsthof, Oranienburger Str. 27; bis 18. Juni, Di/Do 12–18 Uhr, Mi 14–18 Uhr. Am 17.6. findet 18 Uhr eine Finissage statt, es spricht u.a. Thomas Röske als Leiter der Sammlung Prinzhorn. Besuch unter Einhaltung der Corona-Regeln: www.art-cru.de]

2007, beim vierten europäischen Kunstpreis für Künstler:innen mit geistige Behinderung (Euward), wurde auch Fischer ausgezeichnet, in der Jury saß unter anderem Arnulf Rainer, ein Meister der Übermalung. 2017 nahm das MAD Musée im belgischen Liège Fischers Arbeiten auf, 2019 war er auf der Outsider Art Fair im Metropolitan Pavillon in New York vertreten. Seine geheime Sprache wuchert derweil wie ein expressiver und zugleich verträumter Bilderteppich über die Wände in der Galerie Art Cru, und einige der Exponate sind bereits verkauft (Preise: 300–700 Euro)

Mit einer Ausstellung der in Berlin tätigen Aktivistin, Autodidaktin und Autorin Helga Goetze im Herbst will Alexandra von Gersdorff-Bultmann, die seit 2008 die Galerie Art Cru, ihre Tätigkeit altersbedingt beenden. Es wäre kurz vor ihrem 80. Geburtstag.

Angelika Leitzke

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