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Galerie Berlin: Bernhard Heisig: Altersklar

Kein anderer bedeutender Maler in Deutschland malt so direkt und ungeschützt: Der späte Bernhard Heisig in der Galerie Berlin.

Er sei endlich frei, befreit von Verpflichtungen und Verführungen, und habe sich „in die Landschaft des Havellandes eingemalt“, schreibt Museumsmann Dieter Ronte in einem wunderbaren Buch über Bernhard Heisig, das der Berliner Galerist Rüdiger Küttner zum 85. Geburtstag des Malers herausgegeben hat. Es stimmt schon: Der Altmeister aus Ostdeutschland, einst Starmaler der DDR, Mitbegründer der Leipziger Schule, Lehrer von Neo Rauch, hat sich freigemalt von allen Zumutungen des Zeitgeists. Küttner und sein Kompagnon Rainer Ebert machen in der Galerie Berlin die Probe aufs Exempel: In ihrer Ausstellung, die zwischenzeitlich auf der Art Cologne zu sehen war, konzentrieren sie sich auf Gemälde jüngerer Jahre. Offenbar trifft Heisigs kein bisschen weiser Altersstil einen Nerv. Fast alle Bilder sind verkauft. Was also lässt Heisigs auf den ersten Blick so unzeitgemäße Malerei nach dem Zusammenbruch der Neuen Leipziger Schule reüssieren?

Sie markiert eine Gegenwelt. Heisigs Bilder stecken voller Pathos und Schmerz. Sie berühren, weil uns ihr Autor etwas mitteilen will – ohne Ironie, Retro-Optik und Medientheorie. Kein anderer bedeutender Maler in Deutschland malt so direkt und ungeschützt. Wenn Heisig, der bereits fertige Bilder immer wieder unerbittlich übermalt, in die „Erinnerung an Gestern“ (80 000 Euro) eintaucht, hat es mit seinem Leben zu tun, mit den Kriegstraumata einer aussterbenden Generation. Das Triptychon „Die schöne Jugendzeit“ von 1995 entwickelt diesen typischen Heisig-Furor: ein alttestamentarisches Gewusel aus preußischen Pickelhaubenträgern und geblendeten Propheten (25 0000 Euro).

Der 85-Jährige beackert nun scheinbar privatere Themen, malt in sanften Akkorden seine Wahlheimat, das Havelland rund ums Dorf Strodehne. Doch Pardon wird nicht gegeben, solange er in den historischen Physiognomien von Graf Stauffenberg oder Friedrich II. wütet und dort sein Alter Ego sucht. Oder wenn Weltliteratur wie Fontanes „Schach von Wuthenow“ auf ihren psychopathologischen Kern abgeklopft wird. „Selbst als Trompeter“ heißt ein altersklares, federleichtes Selbstbildnis aus diesem Jahr (35 000 Euro). Der Künstler sitzt im Rollstuhl und spielt Trompete – was er im realen Leben gar nicht kann. Heisig bleibt ein Großinquisitor der Blechmusik. Und wird doch, von Bild zu Bild und Jahr zu Jahr, zum Virtuosen der subtilen Töne. Galerie Berlin, Auguststr. 19; bis 29. Mai, Di - Sa 12 - 18 Uhr. Buch: 29,80 €.

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