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Der Künstler Frank Stella im Februar vor einem seiner Werke - hier noch im Museum der Geschichte der polnischen Juden in Warschau.

© dpa

Galerie Sprüth Magers: Frank Stella im Programm

Der Künstler Frank Stella ist neu im Programm der Galerie Sprüth Magers – und zeigt legendäre Werke der 70er Jahre.

So anekdotisch, wie es der Galeriemitarbeiter erzählt, stellt sich der filmaffine Besucher das unmittelbar vor wie im Hitchcock-Klassiker „Rear Window / Das Fenster zum Hof“. Darin entwickelt James Stewart, der sich ein Bein gebrochen hat und auf den Rollstuhl angewiesen ist, aus Langeweile eine Faszination, nein Obsession für das Leben seiner Nachbarn auf der anderen Seite des Innenhofs – vermeintlicher oder tatsächlicher Mord inklusive.

1970 ist also der Künstler Frank Stella einmal bettlägerig, da besucht ihn sein Freund, der Architekt Richard Meier, und bringt ihm Maria und Kazimierz Piechotkas 1959 erschienenes Buch über „Wooden Synagogues“ mit. Stella ist mehr als nur fasziniert, noch auf dem Krankenbett fertigt er seine ersten Skizzen. Die Serie „Polish Village“ entstand gleich nach Frank Stellas Ritterschlag durch eine Retrospektive im Museum of Modern Art – er war noch keine 35 Jahre, so jung hatte das bis dahin niemand geschafft – und gilt heute als Einschnitt in seinem Werk.

Er überwand die zweidimensionale Beschränktheit

War Stella als Überwinder des klassischen, rechteckigen Bildformats berühmt geworden, überwand er jetzt auch noch dessen zweidimensionale Beschränktheit. Die vielfarbigen Farbflächen seiner Gemälde, nicht mehr allein aus bemalter Leinwand bestehend, sondern auch aus Acryl, Filz, Karton und Holzwerkstoff, wuchsen, sich schräg verkantend, als Assemblage, als Relief in den Raum. Neun dieser nach polnischen Kleinstädten und Dörfern benannten Werke kann man aktuell in der Galerie Sprüth Magers sehen, ebenso wie das Buch „Wooden Synagogues“, was sinnfällig ist, weil sich so Stellas Inspiration durch die kunstfertigen, häufig die Diagonale betonenden historischen Holzkonstruktionen nachvollziehen lässt. Die Synagogen in Bogoria, Lanckorona, Odelsd oder Olkienniki haben den Zweiten Weltkrieg nicht überlebt. Räumlich getrennt sind sieben Arbeiten aus Stellas 2002 bis 2009 entstandener (nun von anthropologischen Studien Margaret Meads und Gregory Batesons über die Bevölkerung der Insel inspirierter) „Bali“-Serie gehängt: ein bisschen an Kabelsalat erinnernde Assemblagen aus Stahlrohr und Carbon.

Betitelt schlicht „Frank Stella“, ist es die erste Stella-Ausstellung der Galerie. Die Aufnahme des Großkünstlers in ihr Portfolio hatten Sprüth Magers bereits anlässlich der diesjährigen Art Basel – bei der Stella überhaupt sehr präsent war, wenn auch nicht persönlich – mit dem sehr großformatigen Kunstwerk „Damascus Gate (Stretch Variation I)“ auf der Messe zelebriert. Der inzwischen achtzigjährige Stella selbst war weder zur Hängung noch zur Ausstellungseröffnung in Berlin. Anstelle von atelierfrischen Arbeiten gibt es eine herausragend wichtige und eine nicht ganz so bedeutende Werkgruppe aus zwei vergangenen Jahrzehnten zu sehen. Nicht alle Arbeiten sind verkäuflich. Die der „Polish Village“-Serie kosten zwischen 1,1 und 4,5 Millionen US-Dollar. Jene der „Bali“-Serie sind bereits für 195 000 bis 495 000 Dollar zu haben.

Galerie Sprüth Magers, Oranienburger Str. 18; bis 3.9., Di–Sa 11–18 Uhr

Jens Müller

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