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Glanzstück. Die Kukje Galerie wird von einem Stahlgewebe überzogen, eine Idee des New Yorker Architekturbüros SO–IL.

© Kukje Galerie

Galerien in Seoul: Deutsch-koreanischer Kunstaustausch

Balance zwischen West und Ost: Südkoreas Galerien zeigen deutsche Künstler, hiesige Galerien könnten vom asiatischen Markt profitieren.

Dohyoung Kwon sitzt bei sommerlicher Hitze auf Seouls Straßen in seiner Galerie im Büro. Um ihn türmen sich Kunstkataloge und Zeitschriften aus der ganzen Welt, auch aus Deutschland. In jüngster Zeit ist der koreanische Galerist viel unterwegs. Er möchte sein Galerieprogramm internationalisieren. Die Kwanhoon Gallery, die Kwons Vater 1979 in einer Nebenstraße der traditionell geprägten Nachbarschaft von Insa-Dong gründete, gehörte zu den ersten Galerien in Südkorea. Über Jahrzehnte baute der Senior koreanische Künstler wie den Maler Kim Hyungdae auf und führte junge Nachwuchskünstler in die Kunstszene ein. Das alles passierte in den achtziger und neunziger Jahren: In einer Zeit, in der die landeseigene Kunstwelt laut Kwon Junior noch nicht an zeitgenössischer Kunst aus Korea interessiert war. 2009, mit 36 Jahren, übernahm er die Leitung der Galerie. „Es ist an der Zeit, mein Galerieprogramm zu verändern“, sagt er nun und sieht darin die Chance, seiner Galerie auch weltweit im Kunstmarkt einen Namen zu geben.

Dafür reiste er kürzlich nach Berlin und sprach vor Ort mit Galeristen über eine mögliche Zusammenarbeit. Die Details darf er noch nicht verraten, aber, so sagt er: Das Interesse an einer Kooperation mit einer südkoreanischen Galerie sei groß. Korea gilt als viel versprechendes Land, um westliche Kunst an asiatische Sammler zu bringen. Mit einer Zusammenarbeit in Korea könnten europäische Galeristen nicht nur an den koreanischen, sondern besonders an den chinesischen Kunstmarkt und deren Sammler anknüpfen, die oft nach Korea reisten. Korea als Land mit weniger komplizierten Einfuhrbedingungen für Kunstwerke ist deshalb eine strategische Investition, die sich lohnt. Eine beidseitige Zusammenarbeit zahlt sich aber auch aus, weil die koreanische Kunstrichtung des Dansaekhwa zur beliebten Exportware geworden ist. Sie hat den Kunstmarkt in den vergangenen Jahren aufgemischt und Korea ein künstlerisches Erkennungszeichen gegeben.

Eine treibende Kraft dafür ist die Galerie Kukje in Seoul, deren Namen übersetzt international bedeutet. Dass sie die größten koreanischen Künstler der Malereiströmung wie Chung Chang-Sup oder Lee Ufan repräsentiert, ist aber relativ neu in der Galeriegeschichte. Denn eigentlich konzentriert sich das Programm seit den Achtzigern auf bedeutende westliche Kreative wie Bill Viola, Donald Judd oder Roni Horn. Dank des glücklichen Händchens der Gründerin Hyun-Sook Lee in der Auswahl ihrer Künstler und ihr Geschick am Markt gehört die Galerie seit Langem zu den wenigen koreanischen Galerien, die international bekannt sind.

Kukje zeigt aktuell die deutsche Künstlerin Candida Höfer

Lee, heute Vorstandschefin der Galerie Kukje, war eigentlich eine Sammlerin koreanischer antiker Möbel und Objekte. Auf Reisen in die USA während der siebziger Jahre kam sie mit westlicher Kunst in Berührung, der sie sich immer mehr öffnete und schließlich nach dem Verkauf ihrer Sammlung koreanischer Kunst und Möbel komplett widmete. 1982 eröffnete sie die Galerie Kukje in Insa-Dong, der Gegend, in der Kwon noch heute seine Ausstellungsräume hat. Nachdem das Viertel zunehmend touristisch wurde, wählte sie ein paar Jahre östlich der Mauer des Gyeongbokgung Palasts einen neuen Standort aus. Damals gab es nur wenige Kunsträume vor Ort wie die Galerie Hyundai, die unter anderem den deutschen Fotografen Thomas Struth vertritt. In der Gegend findet man heute viele etablierte Galerien, die deutsche Künstler der Akademie Düsseldorf repräsentieren. Die Leeahn Gallery listet zum Beispiel Imi Knoebel und Heike Ludewig auf.

Auch Kukje zeigt aktuell mit Candida Höfers Soloausstellung eine deutsche Künstlerin in einem der drei Galeriehäuser, die zusammen fast die Größe eines Museums erreichen. Und nicht nur die Künstler sind international: Lee erkannte früh, dass eine Ausbildung im Ausland ein Vorteil für ihre Kinder wäre. Ihr Sohn Charles Kim, heute für die Finanzen der Galerie verantwortlich, studierte in den USA. Genauso seine Schwester Tina Kim, die nach ihrem Studium Erfahrungen beim Auktionshaus Sotheby’s und am Whitney Museum sammelte. Sie blieb in Amerika und eröffnete 2002 ihre eigene Galerie in New York: Als Partnergalerie von Kukje in Seoul ist die Zusammenführung des Westens mit Korea auch hier Programm. Die Tina Kim Gallery sorgt dafür, dass koreanische Meister des Dansaekhwa wie Kwon Young-Woo oder Park Seo-Bo direkt in den westlichen Kunstmarkt eingeführt werden. Die Zusammenarbeit der beiden Galerien zeigt sich auch bei der Art Basel. Seit Jahren teilen sie sich auf der Schweizer Messe einen Stand. Im Juni zeigten sie die genannten koreanischen Künstler auf einer großen Fläche im Galleries Sector, die eine Gruppenshow zuließ.

Die Bedingungen für eine Internationalisierung könnten besser sein

Von einem Messestand in Basel sind die meisten Galerien in Seoul weit entfernt, doch wie Kwon entdecken nun viele Galeristen ihr eigenes Potential. Obwohl er mit seiner Kwanhoon Gallery noch nicht daran teilnimmt, besucht er die Art Basel regelmäßig für sein Networking und um den Markt zu beurteilen. Er ist sich sicher, dass seine koreanischen Künstler auch außerhalb seines Landes erfolgreich sein können. „Koreanische Künstler und die Szene um sie herum sind zu lange unter sich geblieben“, sagt Kwon, „besonders junge koreanische Künstler haben es schwer“. Obwohl viele seiner eigenen Künstler international tätig sind und wie die Künstlerin Sinn in Berlin leben, sei es immer noch selten, dass sie auch im Ausland repräsentiert würden. Das Internet wird dabei zum Problem. Die Konfusion im Westen mit koreanischen Namen oder die Schrift Hangul, mit der man weitaus mehr Informationen über aufstrebende koreanische Künstler online findet als mit lateinischen Lettern, erschweren Kwons Galeriearbeit. In seiner nächsten Ausstellung in der Galerie stellt Bahk Younghoon seine minimalistischen Arbeiten auf Leinwand aus. Bahk selbst wohnt, je nach Jahreszeit, in New York und Seoul, er spricht fließend Englisch – trotzdem findet man auf englischen Websites kaum Informationen über den Künstler.

Die Bedingungen für eine Internationalisierung könnten demnach besser sein. Trotzdem freut Kwon sich auf die Zukunft seiner Galerie. Platz für kuratierte Ausstellungen hat er in jedem Fall. Das 1927 unter japanischer Herrschaft erbaute Krankenhausgebäude, in dem er seine Räume hat, verfügt über drei Etagen und wurde frisch renoviert. Die aktuelle Umbruchphase bereitet ihm deshalb nicht allzu viele Sorgen. „Gerade möchte ich einfach nur Spaß haben und viel reisen“, sagt er. Angesprochen auf die Berliner Art Week Ende September blickt er kurz von seinen Notizen auf. „Ach wirklich? Klar komme ich, warum nicht.“

Lorina Speder

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