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Kultur: Garage voller Zettelkästen Werner Kittel gibt sein Kunst-Archiv nach Berlin

Wenn Werner Kittel das Wort Monomane fallen lässt, so zielt das mitnichten auf den pathologischen Wahn, aber durchaus auf eine Art von Besessenheit, die eine außergewöhnliche Leistung hervorbringt. In rund 25 Jahren hat der studierte Diplomkaufmann ein Materialkonvolut zusammengetragen, das in Deutschland, zumal als Privatarchiv, einzigartig ist.

Wenn Werner Kittel das Wort Monomane fallen lässt, so zielt das mitnichten auf den pathologischen Wahn, aber durchaus auf eine Art von Besessenheit, die eine außergewöhnliche Leistung hervorbringt. In rund 25 Jahren hat der studierte Diplomkaufmann ein Materialkonvolut zusammengetragen, das in Deutschland, zumal als Privatarchiv, einzigartig ist. Dabei war der Ursprung seiner Passion pragmatisch begründet. Nach einem Jahrzehnt im Münchner Auktionshaus Ketterer sowie als Auktionator auf Schloss Ricklingen bei Hannover ließ sich Kittel 1981 als selbstständiger Kunsthändler und Gutachter in Hamburg nieder. In Ermangelung eines brauchbaren Recherche-Apparats schuf er sich als Arbeitsinstrument sein eigenes Archiv.

Wo die museale Forschung an finanzielle Grenzen stößt, hat Werner Kittel jede freie Minute mit Schneidemaschine und Kleber verbracht, sein Auto auf die Straße verbannt und die Garage in ein Materiallager umgewidmet. Zu rund 150000 Künstlern hat das Ein-Mann-Unternehmen Bild- und Textmaterial erschlossen und weitere 350000 zumindest mit Quellenverweisen registriert. Als Leihgabe für zunächst zehn Jahre hat Kittel nun 360 Regalmeter seines Archivs den Staatlichen Museen zu Berlin zur Verfügung gestellt und damit den Bestand des Zentralarchivs substanziell erweitert. Denn dessen eigene, 20000 Namen umfassende Künstlersammlung konnte aus Geldmangel nicht weitergeführt werden.

Das Archiv Werner Kittel, das neben den bildenden Künsten auch Materialien zu Kunsthandwerk und Design vereint, wächst monatlich um durchschnittlich einen Meter, und der Archivar wird nun von Volontären und ehrenamtlichen Mitarbeitern unterstützt. Aber auch weiterhin ist Kittel auf die Hilfe von Spendern angewiesen; denn für seine Systematik bedarf es immer gleich mehrerer Ausgaben der Kataloge oder Magazine, die dann das „Kittel’sche Schicksal“ ereilt: Ein Exemplar wird aufbewahrt, die anderen werden gesichtet, auseinander geschnitten, kopiert und auf die Künstler- und Themenmappen verteilt.

Jede Einladungskarte, jeder Museums- und Galeriekatalog finden hier Eingang, Künstler, die die öffentliche Wahrnehmung nur selten streift, teilen sich mit anderen Kollegen eine „Tasche“. Maler vom Rang eines Ernst Ludwig Kirchner sind gleich mit elf Schubern vertreten, in denen man – akribisch sortiert und typologisiert – Werkabbildungen, Aufsätze, Kleinkataloge und Biografisches findet. Außerdem bietet das Archiv dank der Auswertung von Auktions- und Messekatalogen eine wichtige Basis zur bislang wissenschaftlich wenig erforschten Preisentwicklung von Kunstwerken sowie Hilfreiches zur Provenienzforschung.

Was Kittels Prinzip zudem so bestechend macht, sind vor allem die nutzerfreundliche Systematisierung, die die Inhalte direkt zugänglich macht, sowie der universalistische Zugriff auf Künstler und Themen. So reicht die Bandbreite bei „K“ von Angelica Kaufmann bis Jeff Koons, und neben Vertretern der klassischen Sujets werden Fotografen ebenso berücksichtigt wie Comiczeichner oder Videokünstler.

Archiv Werner Kittel, Zugang über das Zentralarchiv der Staatlichen Museen zu Berlin, Bodestraße 1–3.

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