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Ägyptische Ikone. Oum Kalthoum gibt ein Konzert in Kairo. Die Aufnahme ist nicht näher datiert.

© AFP/Mena

Gedenkkonzerte für Oum Kalthoum: Stimme des Orients

Im Vorfeld waren die Gedenkkonzerte für die ägyptische Gesangsikone Oum Kalthoum angefeindet worden. Nun fanden sie trotzdem im Berliner HAU statt.

Wer hätte das gedacht. Mit zwei Konzerten feiert das HAU die ägyptische Sängerin Oum Kalthoum, deren Namen viele Berliner wohl kaum je gehört haben. Und zweimal ist das Theater mit 500 Plätzen ausverkauft. Nun ist die 1975 verstorbene Kalthoum die Ikone im Orient. Kein Café, das ihre Stücke nicht spielte, kein Kind, kein Chauffeur, kein Anwalt, die ihre Lieder nicht singen könnten.

Auch Ariel Ashbel, Regisseur des Konzerts „Diva: Celebrating Oum Kalthoum“, kennt die Stücke von klein auf. Er stammt aus Israel, wo Kalthoum ebenfalls populär ist, und lebt in Berlin. Für das Konzert brachte er hier lebende Musiker aus Syrien, der Türkei, Italien, Deutschland, Russland und den USA zusammen, sie bilden ein orientalisches Orchester, das Wedding Orchestra for Middle Eastern Music. Statt kurze Ausschnitte aus verschiedenen Werken zu spielen, entschied sich Ashbel, Oum Kalthoums berühmte Liebeslieder komplett zu präsentieren, „Tausendundeine Nacht“ und „Du bist mein Leben“. Traditionelle arabische Kompositionen dauern bis zu zwei Stunden; sie sind nie vollständig durchkomponiert, sondern von Improvisationen durchwoben.

Sie besingt die Liebe gekonnt und extrovertiert

Die beiden Sänger, Ruth Rosenfeld und Husam Al Ali, könnten gegensätzlicher kaum sein. Den überwiegenden Teil des Konzerts besingt Rosenfeld die Liebe gekonnt sauber, extrovertiert, fast kämpferisch. Wer die Stücke in ihren mannigfaltigen Versionen aus dem Orient kennt, muss sich etwas daran gewöhnen. In der orientalischen Gesangstradition transportiert jeder Ton, jedes Wort Gefühle; Rosenfeld hingegen evoziert eher opernartig Stimmungen. Sie singt zum Publikum hin. Al Ali indes singt von innen heraus, authentisch und feinsinnig.

Diva in Nahaufnahme.
Diva in Nahaufnahme.

© AFP

Vor der Premiere hatte es Schlagzeilen gegeben, da die Initiative „Campaign to Boycott Supporters of Israel“ zum Boykott des Konzerts aufgerufen hatte. Aufgrund seiner israelischen Herkunft, so der Vorwurf, nehme Ashbel eine illegitime Aneignung von Kulturgut vor.

Anfeindungen konnten die Musiker nicht einschüchtern

„Ein Sänger hat auf Druck aus entsprechenden Kreisen vor einigen Wochen sein Engagement abgesagt“, bedauert Ashbel. Die übrigen Musiker ließen sich von den Anfeindungen nicht einschüchtern, auch der Regisseur ist sich seiner Mission sicher: „Ich sehe die Musik von Oum Kalthoum als Kunst, die überall auf der Welt gespielt und geliebt werden kann und nicht mit kulturellen Identitäten legitimiert werden muss.“ Im Programmheft schreibt er überdies, er sei erschüttert von der rassistischen, gewaltsamen und repressiven Politik der israelischen Regierung“. Oum Kalthoum, die schillernde Ikone, die selbst aus ihrer Israelkritik keinen Hehl machte, hat Konjunktur: Ende März kommt Shirin Neshats Film über „Die Stimme Ägyptens“ ins Kino.

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