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Die Künstlerinnen und Künstler der Gruppenausstellung gehen der Frage nach, wie sie das Refugee-Label hinter sich lassen können.

© Kathrin Rusch

Geflüchtete an der UdK: Same same but different

Ein anderer Markt, eine andere Sprache: Künstlerinnen und Künstler aus Krisengebieten stellen aus.

„Sprechen wir Deutsch oder Englisch?“ – „Gibt es das Handout auch auf Arabisch?“ – „Das ist aber Farsi!“ – Erst wenn diese Dinge geklärt sind, können die Teilnehmer des Weiterbildungsangebots „Artist Training: Refugee Class for Professionals“ des Berlin Career College der UdK Berlin in ihre eigentlichen Themen einsteigen. „Schätzungsweise sind 5000 geflüchtete Kreative und Kunstschaffende in Berlin, die alle ihren Platz in der hiesigen Kunstszene suchen“, berichtet die Projektkoordinatorin Melanie Waldheim. An ebendiese Menschen richten sich die Kurse über die Arbeitswelt der Branchen Musik, Kulturjournalismus, Bildende Kunst, Darstellende Kunst und Film.

Professionelle Künstler, die hier ankommen, verlieren nicht ihre Professionalität. Was sie verlieren, sind ihre Netzwerke, ihre Werkzeuge, ihre Sprache. Dabei beschränkt sich Sprache nicht auf die Frage, ob Englisch, Deutsch oder Arabisch gesprochen wird. Es geht auch um die Sprache des Kunstmarkts. Wie drückt man sich aus, um in der hiesigen Kulturszene gehört und gesehen zu werden? Welche Institutionen gibt es, welche Möglichkeiten, auszustellen, und was benötige ich, um dahin zu kommen? Khaled Barakeh und Wasim Ghrioui, aus Syrien stammende und in Europa etablierte bildende Künstler, leiten das Modul „Bildende Kunst“. Dabei übersetzen sie den zeitgenössischen westlichen Kunstmarkt in mittelöstliche Kontexte: „In der Übersetzung geht einiges verloren“, erzählt Barakeh. „Aus dem Mittleren Osten kennen die Teilnehmenden in erster Linie kommerzielle Galerien. Hier funktioniert das Kunstsystem völlig anders – angefangen beim Wort Kurator bis hin zur Konzeption einer eigenen Ausstellung.“

Kollektive Schaffensprozesse sind für die meisten Teilnehmenden neu

Doch warum nur theoretisch arbeiten, wenn es doch einen UdK-Rundgang gibt? Daher bekommen die Teilnehmenden einen Ausstellungsraum bei den Tagen der offenen Tür. Die Gruppenausstellung ist ein Prozess, der von der Konzeption über die Produktion bis hin zur Präsentation reicht. Es sei schwierig gewesen, die künstlerischen Einzelinteressen der Teilnehmenden unter ein kollektives Thema zu subsumieren, erzählt Barakeh. Ihre Ausdrucksformen sind ganz unterschiedlich. Ist eine Flucht nach Deutschland verbindendes Element genug, um gemeinsam auszustellen?

„Eine klassische Präsentation der Werke wie im Mittleren Osten werden wir versuchen zu vermeiden“, erläutert Ghrioui. Barakeh fügt hinzu: „ Die Werke werden an den konkreten Ort und Kontext gebunden sein.“

Kollektive Schaffensprozesse wie auch kuratorische Arbeit sind für die meisten Teilnehmenden neu. In ihren Herkunftsländern waren das Aufgaben der Galerien. Auch die Kunst selbst spricht eine andere Sprache. „Am Anfang fühlte ich mich hier völlig verloren“, erzählt Fadi Al-Jabour, ein Teilnehmer des Workshops. „Ich dachte, es gibt überhaupt kein Kriterium, um Künstler zu sein. Doch nach und nach lerne ich, wie Kunst hier verstanden wird. Jetzt reflektiere ich meine Arbeitsprozesse, überlege, warum ich dieses und nicht jenes Material verwende.“ Identität, Migration und die Frage, wie man das Refugee-Label hinter sich lassen kann, spielen in der Gruppenausstellung eine zentrale Rolle. Es geht um Öffnung und Vernetzung, nicht um Anbiederung an den europäischen Markt. Im Vordergrund steht, Kunstschaffenden Werkzeuge und Netzwerke an die Hand zu geben und sie nicht auf ihren Status als Geflüchtete zu reduzieren.

Die Ausstellung mit dem Titel „same same but different“ ist im Raum 110 in der Hardenbergstraße 33 zu sehen. Ausstellende: Fadi Aljabour, Anas Al Raddawi, Aram AlSaed, Michael Daoud, Naser Fatih, Jihad Issa, Farah Khalifeh, Kenan Melhem, Kamal Sallat, Abdul Razzak Shaballout, Oula Soleman, Lara Ziyad; Leitung: Khaled Barakeh und Wasim Ghrioui. In Zusammenarbeit mit Claudia Hummel vom Institut für Kunst im Kontext der Universität der Künste Berlin.

Zoya Anwer Mahfoud, Kulturjournalistin aus Syrien, war selbst Teilnehmerin des Artist Trainings Culture and Media.

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