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Geisteswissenschaften: Nachwirkungen des Scientology-Eklats?

Das Dresdner Hannah-Arendt-Institut bekommt eine neue Leitung. Gerhard Besier, Direktor des Instituts für Totalitarismusforschung, wird seinen Posten räumen. Die Kritik an dem Direktor war nach einem umstrittenen Grußwort für Scientology nie ganz verstummt.

Dresden - Der Direktor des Dresdner Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung, Gerhard Besier, wird 2008 seinen Posten räumen. Sein Vertrag werde nicht verlängert, sagte die Kuratoriumsvorsitzende Friederike de Haas am Donnerstag in Dresden. Kritik an dem Institutsdirektor war nach Eklat zur Eröffnung des Brüsseler "Zentrums für Religionsfreiheit" der Organisation Scientology im September 2003 immer wieder aufgekommen.

Besier hatte damals das Grußwort zur Eröffnung des Scientology-Büros in Brüssel geschrieben, in dem die Psychosekte als Vorkämpferin für religiösen Pluralismus gepriesen wurde. Der Direktor entschuldigte sich für diesen "Fehler". Prominente Politiker wie Daniel Cohn-Bendit hatten dennoch wegen "skandalöser Verharmlosung der Methoden der Scientologen" durch den Kirchenhistoriker eine Erklärung verfasst, in der das Dresdner Hannah-Arendt -Institut aufgefordert wurde, einen "klaren Trennungsstrich" zu seinem Direktor zu ziehen - oder aber auf den Namen Hannah Arendt zu verzichten.

Einvernehmliche Entscheidung

Einmütig hat sich das siebenköpfige Kuratorium jetzt am Dienstag gegen die Wiederwahl des ehemaligen Wunschkandidaten der CDU entschieden. "Man kann nicht sagen, dass nur eine Stimme den Ausschlag gegeben hätte", sagte de Haas. Besier hatte das Amt im April 2003 angetreten, der Vertrag läuft über fünf Jahre. Eine Ausschreibung zur Neubesetzung der Stelle werde nach Ostern auf den Weg gebracht, sagte die Kuratoriumsvorsitzende. "Wir haben genug Zeit." Besier soll nach Erfüllung seines Vertrages an die TU Dresden wechseln. Die Entscheidung, den Vertrag nicht zu verlängern, sei einvernehmlich mit Besier getroffen worden, sagte de Haas. Es gebe keinen Vorwurf an ihn.

Am Hannah-Arendt-Institut Dresden werden in der Tradition der Philosophin Arendt totalitäre Strukturen und ihre Auswirkungen auf den Einzelnen und die Gesellschaft ergründet. Die Idee zur Einrichtung des Instituts, das an der Technischen Universität Dresden beheimatet ist, wurzelt in der beinahe 60jährigen, doppelten Diktaturerfahrung Ostdeutschlands und der friedlichen Revolution von 1989. Der Sächsische Landtag beschloss 1991 die Gründung der Einrichtung. Thematisch hatte Gerhard Besier das Hannah-Arendt-Institut in den letzten Jahren vom engen Blick auf den deutschen Diktaturenvergleich gelöst. (tso/dpa)

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