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Kultur: Geld oder Moos

Eine

von Christine LemkeMatwey

Nie war die Lage so verfahren wie heute. Nach dem Karlsruher Urteil hat Berlin zwar kaum weniger Geld als vorher, scheint aber doch sehr genau zu wissen, für was das wenige garantiert nicht reicht. Für die überfällige Sanierung der Staatsoper Unter den Linden etwa, für den Anteil von 50 Millionen Euro, den das Land zum Beitrag des Bundes (mit ebenfalls 50 Millionen) und den vom Freundeskreis der Staatsoper gesammelten 30 Millionen zuschießen müsste, um die drohende Schließung des Hauses zu verhindern. Die Rechnung ist gnadenlos simpel: Gibt die Stadt nichts, dann streikt der Bund – und auch die privaten Sponsoren werden sich ihr Engagement überlegen. In ein Fass ohne Boden wirft niemand gern sein Herz.

Die Folgen? Die Baupolizei ordnet die Schließung an, früher oder später, der Spielbetrieb wird rumpfweise in Ausweichquartieren sowie an der (wenig amüsierten) Deutschen Oper fortgesetzt, und am Knobelsdorff-Bau sprießt das Moos. Ein solches Szenario hat nun, nach längerem Schweigen, Intendant Peter Mussbach an die Wand gemalt: „Eine geschlossene Staatsoper – das wäre der Tod des Hauses.“ Womit er recht hat. Mussbach erhebt schwere Vorwürfe: Berlin würde das Opernhaus für künftige Verhandlungen über mehr Bundeshilfen lediglich „instrumentalisieren“ und zum „Spielball“ degradieren. Im Übrigen wisse niemand, wie lange das Haus sicherheitstechnisch noch durchhalte. „Diese Hängepartie ist ein unglaubliches Risiko“, so der Intendant. Sowohl das Land als auch der Bund müssten klar sagen, „ob sie die Staatsoper weiter wollen oder nicht“. Dabei wäre eine Überführung des Hauses in die Obhut des Bundes auch seiner Ansicht nach die beste Lösung.

Starke Worte. Nur: Bewirken werden sie wenig. Berlin hat sein Lippenbekenntnis zum Erhalt der drei Opernhäuser gerade erneuert, und der Bund denkt nicht daran, die Lindenoper inklusive Sanierung komplett unter die eigenen Fittiche zu nehmen. Ein böses Patt. Berlin will (vielleicht), kann aber nicht, und der Bund könnte (vielleicht), will aber nicht. Außerdem dräut am Horizont noch die finanziell gescheiterte Opernstiftung.

Überhaupt: Wo bleibt die Solidarität? So wenig Kirsten Harms in der „Idomeneo“-Affäre auf die Unterstützung ihrer Kollegen Mussbach und Homoki bauen konnte, so bedeckt hält man sich in Sachen Staatsoper nun in der Behren- und Bismarckstraße. Entweder die prompte Sanierung der Lindenoper oder gar keine Oper mehr für Berlin – das wäre eine Forderung, die zumindest einen gewissen Schrecken verbreiten würde. In Berlin wie im Rest der Republik. Kleiner Trost: Ab 6. November ist Daniel Barenboim wieder in der Stadt. Er hat es schon einmal verstanden, für sein Haus das Unmögliche möglich zu machen.

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