zum Hauptinhalt
Pianist auf den Straßen von Berlin.

© dpa

Gemächliches Berlin: Sommerferien für immer

Ausgehen in Berlin: Es sind Sommerferien und auf den Straßen ist nichts los. Gerrit Bartels über Berliner Kieze, die gerade wie Ruhezonen wirken.

Zurzeit hat man das Gefühl, in zwei ganz unterschiedlichen Berlins zu leben. Hier die Stadt, die laut der B. Z. „überfüllt“ ist: „Schlangen-Alarm in Berlin“ titelte das Boulevardblatt in seiner gestrigen Ausgabe. Und dort die herrlich leere Stadt, weil alle in den Sommerferien oder bei ihren Eltern oder sonst wo sind. Nichts los auf der Leipziger Straße, nichts los im Wins-Kiez in Prenzlauer Berg, nichts los am Südstern und der Umgebung des Urbankrankenhauses in Kreuzberg.

Bei letzterer Gegend stellt sich allerdings die Frage, ob es hier nicht ganzjährig und zu jeder Tages- und Nachtzeit friedlich und gemächlich zugeht. So war das früher, sagen wir vor zwanzig Jahren, und so ist das heute. Wer hier ewig nicht war, wundert sich, wie wenig sich zum Beispiel in der Körtestraße verändert hat. Klar, die Wunderbar und das Rampenlicht heißen jetzt anders, auch zwei Weinläden sind dazugekommen, die eine oder andere Café-Bar, und der Plattenladen „Indian Soundroom“ musste in die Urbanstraße. Aber den Inder, den Obst-und-Gemüse-, den Spielzeug- und den Fahrradladen hat noch niemand vertreiben können, und auch die Bäckerei an der Ecke Freiligrathstraße existiert noch (was vielleicht das kleinste Wunder ist: wenn etwa in Prenzlauer Berg Buchläden schließen müssen, folgen Bäckereien und Kaffeehäuser). Ja, auch das Nova thront weiter am Fichtestraßenbogen, gefolgt vom unverwüstlichen Pow Wow und dem nicht weniger unverwüstlichen Rizz in der Grimm-, Ecke Dieffenbachstraße.

Einfach mal den Tag einen guten sein lassen

Ach, und sofort will man hier am liebsten sein Leben verbummeln, sich verlieren, verantwortungslos in einem dieser Läden vor sich hinsinnieren, eine Zeitung oder ein Buch lesen, das eine oder andere Hefe trinken und den Tag einen guten sein lassen. Und sofort kommt einem auch wieder der leider schon verstorbene britische Sänger und Songwriter Nikki Sudden in den Sinn. Der hat einmal gesagt, dass er eigentlich jeden Tag in seinem Leben Sommerferien habe.

Zur Startseite