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Kultur: Gen & Genie

Kunst und Biotechnologie in der NGBK Berlin

Das anthropotechnische Zeitalter, so Peter Sloterdijk vor einigen Jahren, fordere von uns trotz allem Unbehagen, von unserer „Selektionsmacht“ Gebrauch zu machen. Damals empfand man die Rede von der „Anthropotechnik“ als skandalös. Inzwischen ist der Ton bei der Diskussion um Biotechnologie pragmatischer geworden. Es geht um die wirtschaftliche Fitness im globalen Wettkampf um Biokompetenz. Und was macht da Kunst? Sie tendiere zur Anbiederung, sagen die Macher der Ausstellung Put on your blue genes in der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst (bis 23.Oktober, Oranienstr.25). Sie versteht sich als kritischer Kommentar zur „weitgehend affirmativen, spektakularisierenden Annäherung“ bisheriger Biotech-Künstler, die sich von „Novartis“ und anderen Unternehmen sponsern ließen und unter dem Deckmantel der Aufklärung der Popularisierung von Technologien nachhelfen würden. Ohne Kataloglektüre wird allerdings kaum deutlich, dass die gezeigten Werke – etwa die schaurig surrende Maschinerie, in der Teile der DNA von Menschen verschiedener Hautfarbe in einem Spezialgel ein buchstäbliches Rennen gegeneinander antreten – als ironisches Imitat der „Techno-Ästhetik von Wissenschaftsmuseen“ zu verstehen sind. Hochkomisch ist dagegen das Videoexperiment „Gute Gene, schlechte Gene“, das im Stil einer Sciene-Fiction-Seifenoper die wirtschaftlichen Interessenskonflikte im Zeitalter der Life-Sciences thematisiert. Am Ende aber bleibt das Gefühl, es hier mit einer allzu angespannten Selbstbespiegelung einer um ihre Kritikfähigkeit besorgten Kunstszene zu tun zu haben.

David Deissner

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