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Kultur: Genial

Mittlerweile kann sie es sich leisten, den rein virtuosen Teil des Programms in die Zugaben zu verlagern: Midori hat mit ihren 27 Jahren schon bald das zweite Karrierejahrzehnt vollendet, und auch dem Berliner Publikum ist sie wohlbekannt.Sarasates "Tarantella" voraus ging ein Programm von Gewicht, zwei große Konzertsonaten von Brahms und Fauré, Szymanowskis subtil virtuose "Mythen" und eine Mozart-Sonate, mit der Midori und der kurzfristig für Robert McDonald eingesprungene Pianist Thomas Sauer das Konzert eröffneten.

Mittlerweile kann sie es sich leisten, den rein virtuosen Teil des Programms in die Zugaben zu verlagern: Midori hat mit ihren 27 Jahren schon bald das zweite Karrierejahrzehnt vollendet, und auch dem Berliner Publikum ist sie wohlbekannt.Sarasates "Tarantella" voraus ging ein Programm von Gewicht, zwei große Konzertsonaten von Brahms und Fauré, Szymanowskis subtil virtuose "Mythen" und eine Mozart-Sonate, mit der Midori und der kurzfristig für Robert McDonald eingesprungene Pianist Thomas Sauer das Konzert eröffneten.

Auch Sauer ist seit längerem ein Klavierpartner Midoris, und so erklang Mozarts F-Dur-Sonate, KV 376, in einer Interpretation von rasantem kammermusikalischen Zuschnitt, den gestischen Reichtum auskostend, Detail und Ganzes dabei zu idealer Einheit zusammenführend und auch bei sicher gesetzten und bis zum äußersten zugespitzten Pointen von einer innerlichen Kontrolle getragen.Neben Midoris absolut bewunderungswürdiger Phrasierungskunst, die die Basis für den Facettenreichtum dieser Mozart-Interpretation abgab, leuchtete auch hier schon der schier unerschöpfliche Farbenreichtum ihres Spiels auf, der dann Faurés Sonate im wesentlichen trug.Farben, die das vordergründig Süßliche meiden, Farben in einer unglaublichen Differenziertheit im leisen Bereich, und mit beinahe noch unglaublicheren Reserven in den Steigerungen.

Dabei bleibt all das aber im Rahmen echter Kammermusik, wird nicht auf den Effekt hin herausgeputzt, behält einen seltsamen Schein vom Geigenspiel um des Spieles, nicht des Konzertes willen.Midori hat einmal von der Sehnsucht, selbst das Instrument zu sein, gesprochen - und die verkündet ihr ganzer Auftritt in der Bescheidenheit seines Glanzes.Selbst die exzentrische Virtuosität von Szymanowskis "Mythen" mit ihren Triller-Glissandi und Flageoletts zwischen schwül drängender Melodik wird von Midori nicht primitiv ausgespielt, sondern vor allem in kontrollierter Delikatesse dargeboten.Wenn es dazu noch des Beweises bedurft hätte, daß all diese geschmacklich-instrumentaltechnische Genialität in einem ebenso genialen musikalischen Verstand begründet ist, so wurde er in der abschließenden Interpretation der d-Moll-Sonate von Brahms geliefert.

MARTIN WILKENING

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