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Die Gen-Industrie im Kampf gegen den Hunger der Welt: Monsanto forscht an gentechnisch veränderter Baumwolle und Weizen, die besonders hohe Erträge bringen. Novartis experimentiert mit Pflanzen, die Trockenheit und versalzten Böden trotzen.

Die Gen-Industrie im Kampf gegen den Hunger der Welt: Monsanto forscht an gentechnisch veränderter Baumwolle und Weizen, die besonders hohe Erträge bringen. Novartis experimentiert mit Pflanzen, die Trockenheit und versalzten Böden trotzen. Schweizer Forscher entwickeln einen genmanipulierten Reis, der den Vitamin-A-Mangel in Dritt-Welt-Ländern lindern und viele Millionen Kinder vor dem Tod bewahren soll. Ob die Biotechnologie die Armen der Welt aber satt machen kann?

Allzu verlockend sind die Aussichten, die die Konzerne verheißen. Mit der Gentechnologie, werben globale Unternehmen wie Monsanto, Novarits oder Aventis, können die Erträge von Mais oder Reis gesteigert und Ernteausfälle durch Insekten, Krankheiten und Unkräuter minimiert werden, die weltweit ein gutes Drittel der Ernte vernichten.

"Gentechnik kann das Hungerproblem in der Dritten Welt nicht lösen", sagt Thomas Schweiger, Gen-Experte von Greenpeace. 800 Millionen Menschen hungerten deshalb, weil sie sich die Lebensmittel, die es im Überfluss gebe, nicht leisten könnten und weil sie keine Böden hätte, um ihre Lebensmittel selbst anzubauen. "Mit technischen Lösungen wie der Gentechnik wird man niemandem in Afrika helfen können." Stattdessen, fordert der Gen-Experte, müssten Lösungen gefunden werden, die den armen Bauern Zugang zu natürlichen Ressourcen und Land verschaffen.

Schweiger warnt noch vor einer anderen Gefahr: der wirtschaftlichen Abhängigkeit der Dritt-Welt-Länder von großen Life-Science-Konzernen wie Novartis, Aventis und Monsanto. Als Beispiel nennt er die "Terminator-Technik", die Monsanto 1998 von der Delta and Pine Land Co. übernommen hatte. Bei diesem Verfahren wird dem Saatgut ein Tötungsgen eingeschleust, das ein Auskeimen der geernteten Körner verhindert. Als Folge dieser Genmanipulation müssen die Bauern jedes Jahr neues Saatgut von den Konzernen kaufen - und teuer bezahlen.

"Gentechnik ist für die Dritte Welt nicht geeignet", sagt auch Ulrich Post, Sprecher der Deutschen Welthungerhilfe in Bonn. Die gentechnischen Produkte, die zurzeit in der Entwicklung sind, würden mit Blick auf eine kaufkräftige Nachfrage entwickelt. "Das können nur Industrieländer bezahlen." Und auch die Struktur der Entwicklungsländern sei für gentechnisch veränderte Produkte wie den BT-(Bacillus Thuringiensis-)Mais wenig geeignet. Der Anbau lohnt sich nur, sagt Post, wenn man den Mais, der dank eingebauter Fremdgene Schädlinge lahmlegt, auf einer großen Fläche anbaut. "Das können sich die meisten Bauern in Entwicklungländern nicht leisten."

Der Entwicklungs-Experte schlägt daher eine andere Lösung vor: "Wenn wir die Ernährung verbessern wollen, müssen wir lernen, mit den kleinbäuerlichen Strukturen in den Entwicklungländern zu arbeiten." Um eine zu starke Abhängigkeit der Dritt-Welt-Länder von der Industrie zu verhindern, schlägt er außerdem vor, mehr Geld in die öffentliche Agrarforschung zu stecken.

Im Gegensatz zu Entwicklungshilfeorganisationen und Greenpeace führen große multinationale Firmen die Bekämpfung des Hungers oft als Argument für die Gentechnik ins Felde: Nur sie könne Erträge steigern und Ernteausfälle durch Insekten, Krankheiten und Unkräuter minimieren, die weltweit ein gutes Drittel der Ernte vernichten.

"Gentechnik ist nur ein Ansatz, um dem Hunger in der Welt zu begegnen", räumt Heinz Breuer, Sprecher von Aventis Crop Science Deutschland, vorsichtig ein. Wie die Konkurrenten versucht auch Aventis, die Salz- und Trockenresistenz von Pflanzen zu erhöhen oder Kartoffeln dazu zu bringen, mehr Stärke zu produzieren. Aber das hat seinen Preis. "Die Industrie entwickelt nur, was bezahlbar ist."

Entwicklungsländer können diesen Preis nicht zahlen. Trotzdem, sagt Breuer, sei es falsch, darum die Forschung jetzt zu stoppen, die ohnehin noch in einem sehr frühen Stadium sei. "Bis daraus Produkte entstehen, können noch sieben bis zehn Jahre vergehen."

"Wir produzieren für Märkte, die unsere Technologie auch bezahlen können", sagt Arthur Einsele, Sprecher von Novartis Seeds in Basel. Unternehmen wie Novartis oder Monsanto stellen ihre Erzeugnisse nicht aus purer Menschlichkeit her. Die neuen Samen sind patentgeschützte, teure Produkte. Allein 880 Millionen Dollar will Monsanto bis 2003 an Lizenzgebühren verdienen. Entwicklungsländer scheiden damit rein theoretisch aus.

Manchmal allerdings macht die Unternehmen eine Ausnahme. Einige biotechnologische Methoden für Reis und das so BT-Gen, das Reis-Pflanzen gegen bestimmte Schädlinge resistent macht, hat Novartis an ausgesuchte Entwicklungsländer weitergegeben, ohne die üblichen Lizenzgebühren zu verlangen. Eine Geste, die sich auf lange Sicht bezahlt machen könnte. So genannte "emerging markets", also Länder wie Kenya oder Vietnam, denen großes wirtschaftliches Potenzial nachgesagt wird. "Wir hoffen natürlich, dass sich die Leute, die wir jetzt fördern, später noch an uns erinnern und ihre Produkte bei uns kaufen", sagt Einsele. "Wenn es dort irgendwann einen Markt gibt, möchten wie schon dabei sein."

Maren Peters

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