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Kultur: Gentechnik: Schwein reicht nicht

Die 1994 gegründete Biotech-Firma Advanced Cell Technology (ACT) zählt zu den Pionieren der Forschung auf den Gebieten des Tierklonens, der Transplantationsmedizin und der Stammzellenforschung. Firmensitz ist ein Biotech-Gewerbepark in der kleinen Stadt Worcester im US-Bundesstaat Massachussetts, etwa eine Autostunde von Boston entfernt.

Die 1994 gegründete Biotech-Firma Advanced Cell Technology (ACT) zählt zu den Pionieren der Forschung auf den Gebieten des Tierklonens, der Transplantationsmedizin und der Stammzellenforschung. Firmensitz ist ein Biotech-Gewerbepark in der kleinen Stadt Worcester im US-Bundesstaat Massachussetts, etwa eine Autostunde von Boston entfernt.

Zum Thema Online Spezial: Die Debatte um die Gentechnik Die wichtigsten Köpfe des Unternehmens sind der Biologe Robert Lanza, der die meisten der Forschungsprojekte leitet, und sein Kollege Michael West. Das Unternehmen war bereits mehrfach mit aufsehenerregenden Projekten in den Medien. Man experimentierte hier mit der Fusion von Rindereizellen und menschlichen Zellkernen. Und man erweckte im letzten Jahr eine ausgestorbene asiatische Büffelart durch Kerntransfer und Klonen einer Rindereizelle wieder zum Leben.

ACT hält mittlerweile über 160 Patente. Während sich die Mutterfirma auf die Forschung konzentriert, verwerten Tochterfirmen die Patente kommerziell - beispielsweise das Auftragsklonen von Farmtieren, die Höchstleistungen bringen. Zudem konzentriert sich die Forschung auch auf das so genannte "Pharming". Hier werden durch genetische Eingriffe Tiere gezüchtet, deren Milch gewisse pharmazeutisch brauchbare Proteine oder andere Substanzen enthält.

Ein weiteres Arbeitsfeld der "Advanced Cell Technology" ist die "Xenotransplantation", bei der man Tiere als Gewebe- oder Organspender züchten möchte. Da der menschliche Organismus natürliches Gewebe beispielsweise von Schweinen nicht annimmt, werden die Tiere immer weiter genetisch verändert. Würde das tierische Gewebe eines Tages von den menschlichen Patienten nicht mehr abgestoßen, könnten die Tiere geklont und in großen Mengen gezüchtet werden.

Oft ist das Ziel aber nicht die Züchtung von lebenden Tieren, sondern lediglich das Erstellen von Gewebekulturen und Zell-Linien, die dann zur Therapie eingesetzt werden. Beim therapeutischen Klonen experimentieren die ACT-Forscher darum mit menschlichen Stammzellen. Diese sind gezeugt aus tierischen Eizellen, deren Erbgut entfernt und durch einen menschlichen Zellkern ersetzt wurde. Ließe sich diese Technik perfektionieren, könnte man Patienten mit Organ-Krankheiten, Alzheimer oder Parkinson durch Zellkulturen, hergestellt aus ihrem eigenen Erbmaterial, behandeln. Dieser Transfer des Zellkerns in eine entkernte Eizelle, die so genannte "Nuclear Transfer Technology", ist die zentrale Erfindung der "Advanced Cell Technology", auf die sie diverse Patente angemeldet hat.

Während die Wissenschaftler sich beim Menschen bislang noch auf das therapeutische Klonen beschränken, gehen sie bei Tieren längst einen Schritt weiter - zum reproduktiven Klonen. So wurde im letzten Jahr bei ACT ein Gaur geboren, eine asiatische Büffelart, die acht Jahre zuvor ausgestorben war.

Lanza und sein Kollege Phillip Damiani hatten aus vor Jahren eingefrorenen Hautzellen eines Gaurs und der Eizelle eines Rindes ein Gaur-Embryo geschaffen, das schließlich als gesundes Tier zur Welt kam - nach 692 Kerntransfers, 80 Embryos, 42 Implantierungen, acht Schwangerschaften und sieben Abtreibungen, um genau zu sein. Neben dieser hohen Anzahl von Fehlversuchen haben Kritiker bisher bemängelt, dass geklonte Tiere oft missgebildet oder mit später auftretenden Gesundheitsschäden zur Welt kommen. Das scheint bei den neuen Klonrindern nicht der Fall zu sein. Alle Tests weisen auf eine normale Entwicklung hin. Seit einigen Jahren experimentieren ACT-Genetiker nun auch mit Haustieren wie Hunden und Katzen. Da gibt es allerdings noch keine Erfolgsmeldung.

Ralph Obermauer

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