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Kultur: Geschichten der Bibel - Pathos und Ironie

Eine Landkarte ziert das Programmheft des Itim-Ensembles aus Tel Aviv: Zwölf unterschiedlich farbige Bahnen durchziehen Europa, enden schließlich in Israel - und markieren die Stationen der Familien der zwölf Schauspieler von "Va Yomer. Va Yalech.

Eine Landkarte ziert das Programmheft des Itim-Ensembles aus Tel Aviv: Zwölf unterschiedlich farbige Bahnen durchziehen Europa, enden schließlich in Israel - und markieren die Stationen der Familien der zwölf Schauspieler von "Va Yomer. Va Yalech." (Und er sprach. Und er ging). Ihre persönlichen Geschichten erzählen ein Stück Geschichte Israels. Mit der Inszenierung des Alten Testaments spannt die Regisseurin Rina Yerushalmi schließlich den Bogen zu den Ursprüngen der jüdischen Kultur. Die Reise durch die Bibel, von der Schöpfungsgeschichte bis zur Besiedlung des gelobten Landes setzt sie nicht dramatisch um, sondern läßt die bilderreiche Sprache unberührt. Auf einer kargen, weißen Spielfläche, die außer einem quadratischen Eisentisch auf jeglichen Schmuck verzichtet, entwickelt Yerushalmi mit zwölf faszinierend exakt agierenden Schauspielern in schlichten schwarzen Kostümen eine Collage aus 44 Szenen. Die Form der erzählten Bibel ermöglicht dabei eigene Interpretationen und eine verblüffend kontrastreiche theatralische Umsetzung, die sich aus den jeweiligen Geschichten entwickelt. Ihre säkulare Sicht auf den Bibeltext variiert dabei von Identifikation, die im Gesamtgefüge der fast vierstündigen Inszenierung nicht mit Pathos und langatmiger Repetition geizt, bis zu amüsanter ironischer Brechung.Zu leichtem Piano-Bargeklimper erzählt da Emmanuel Hannon mit Schlapphut und der Manier eines Music-Hall Entertainers in tragisch-komischem Tonfall und Mimik die Geschichte von Jakob, der nach sieben Jahren Arbeit aus Liebe zu Rachel um seinen Preis betrogen wird. Der Vortrag der Gesetze gegen Inzest wird zur Konferenz dreier düsterer Geschäftsmänner, der Sündenfall zuvor zu einem reizvollen Reigen von knackige Äpfel feilbietenden Evas und lüsternen Adams, die mit Besteck bewaffnet ins Gefecht um die Gunst der Frauen ziehen. Spielerisch findet dieser Markt der Selbstdarstellung den Weg in die Jetztzeit.Der Bezug zur Gegenwart ergibt sich in dieser stilisierten Inszenierung aus kunstvollem Licht (Avi-Yona Bueno), Gesang, Musik und schlichter, klarer Choreographie in der Komposition der Texte. Die Geschichte des Heerführer Jeftah, der seine Tochter um den Sieg im Krieg opfert, gehen die Kriegsgesetze für das Volk Israel aus dem Deuteronium voran.Es gehört schließlich nicht viel dazu, den Bezug der Inszenierung des Exodus, der langen Reihe der Schauspieler im fahlen Licht auf die heutige Situation der Juden in der Diaspora zu übertragen. Der repetitive Charakter allerdings betont überdeutlich und ein wenig langatmig die Wiederholungen in der Geschichte. Die schauspielerische Leistung des Ensembles hält die Spannung jedoch bis zum späten Schluß. nip

Arena, Eichenstraße 4 (Treptow)nochmals heute (Sonntag), 20 Uhr.

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