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Geisterjäger.

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"Ghostbusters"-Remake im Kino: Die Geisterjägerinnen

Jetzt aber bitte Ruhe nach dem Shitstorm: Das „Ghostbusters“-Remake ist witzig, originell und funktioniert auch bei Erwachsenen prima.

Von Jörg Wunder

Als im Juli 2015 „Pixels“ ins Kino kam, herrschte in den sozialen Netzwerken business as usual: Zwar kam Chris Columbus’ Science-Fiction-Klamauk nicht gut weg, doch gegen das Vorhandensein des Films wurde kaum Einspruch erhoben. Obwohl sich Grundidee – vier Nerds retten die Welt vor einer Invasion zum Leben erweckter Videospiele – und Machart ungeniert bei Ivan Reitmans Kultkomödie „Ghostbusters“ (1984) bedienten.

Viel heftiger nun sind die Reaktionen auf das von Paul Feig („Brautalarm“, „Spy“) inszenierte „Ghostbusters“-Remake. Schon als 2014 bekannt wurde, dass bei der Neuauflage vier Frauen die Rollen der Geisterjäger übernehmen würden, gab es gehässige Kommentare, was sich exponentiell verstärkte, als im Frühjahr der erste Trailer zu sehen war. Angesichts der zweiminütigen Kompilation von Ausschnitten schlug dem Film derart geballte Ablehnung entgegen, dass er auf der Branchenwebseite IMDb eine extrem negative Note bekam – Monate, bevor er im Kino zu sehen war.

Die Kommentare im Netz: frauenfeindlich und rassistisch

Nun sind solche Ausschläge in den von schwarmartigen Verhaltensmustern geprägten Diskussionsforen nicht unüblich. Doch in den Kommentarspalten entlud sich eine von überwiegend männlichen Fans des Originals orchestrierte Hasskampagne, die ein schockierendes Maß an frauenfeindlichen – und im Fall der afroamerikanischen Schauspielerin Leslie Jones auch rassistischen – Äußerungen offenbarte. Nach Filmstart schwang das Pendel zurück, waren es doch nun vor allem Verteidigerinnen des Remakes, die den Netztrollen ihre Misogynie vorhielten, was diese wiederum veranlasste, über „Feminazis“ zu schimpfen. Das Ganze mündete in einer Diffamierungsspirale, die treffend ins Bild der aktuell so vergifteten Debattenkultur in Amerika passt.

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Wie wär’s, zur Abwechslung ein paar Empörungsgänge runterzuschalten und die neuen „Ghostbusters“ auf ihre filmischen Qualitäten abzuklopfen? Da wird – auch ungeachtet einer unterstellten oder tatsächlichen feministischen Agenda – schnell klar: Der Gender-Twist ist brillant, weil er dem Remake, ohne dass Handlung und dramaturgische Grundstruktur des Originals komplett erneuert werden mussten, eine völlig andere Perspektive verleiht. Dass dieses Manöver vorzüglich funktioniert, liegt an den perfekt gecasteten Darstellerinnen.

Kammerjägerinnen des Paranormalen

So ist Melissa McCarthy als hemdsärmelige Geisterjagdpragmatikerin genauso witzig wie 2015 als Stegreif-Geheimagentin in „Spy“. Sie harmoniert prächtig mit Kristen Wiig in der Rolle der feinnervig-schusseligen Professorin, die erst durch das abrupte Ende ihrer akademischen Laufbahn bereit ist, sich den Kammerjägerinnen des Paranormalen anzuschließen. Zum Quartett werden sie durch die „Saturday Night Live“-Stars Kate McKinnon als kauzig-lasziver Wissenschaftlerin und Leslie Jones als straßenkampftauglicher Working-Class-Lady aus New York. Ein Besetzungscoup ist den Machern mit Chris Hemsworth gelungen, der in den Comicfilmblockbustern des Marvel Universe den Donnergott Thor spielt und hier in lustvoll übersteigerter Umkehrung reaktionärer Geschlechterklischees zum naiv-minderbemittelten, aber rattenscharfen Vorzimmersekretär regrediert. Zudem sind die noch lebenden Stars des Originals (Bill Murray, Dan Aykroyd, Ernie Hudson, Sigourney Weaver) in liebevoll-skurrilen Cameo-Auftritten zu bewundern.

Der Humor: robust bis vulgär

Der Humor der Neuauflage ist eher robust als subtil, wobei die doppelbödig-anzüglichen, manchmal vulgären Dialoge bei einem der Pubertät entwachsenen Publikum (der Film ist ab 12 freigegeben) eher zünden dürften als die bei der Geisterjagd mit Strahlenkanonen unvermeidlichen Slapstickeinlagen und Schleimattacken. Auch ein Komödienspezialist wie Paul Feig konnte bei einem Budget von knapp 150 Millionen Dollar wohl nicht der Versuchung widerstehen, den Showdown als Special-Effects-Tornado über Gebühr in die Länge zu ziehen.

Dabei wird die 3-D-Technik, ganz wie in ihren Kindertagen, bevorzugt zur Erzeugung von kurzen Schockmomenten eingesetzt – mit Geistern, die durch den Zuschauer hindurchfliegen oder auch Ektoplasma-Entladungen in Gesichtshöhe. Der erhebliche Charme des Films speist sich jedoch nicht aus dem angeberischen Verprassen von viel Geld. Sondern aus der jederzeit erkennbaren Hingabe der Beteiligten vor und hinter der Kamera, die die Schwächen einer den Konventionen des Sommerblockbusters geschuldeten Actiondramaturgie gnädig überdeckt.

In 20 Berliner Kinos. OV im Alhambra, Cinestar SonyCenter, Colosseum, Zoo Palast

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