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Kultur: Gib Gas, ich will Spaß!

Saftiges Kino mit manchen Fehlern: Volker Schlöndorffs "Palmetto - Dumme sterben nicht aus"VON CARLA RHODELiteraturverfilmungen sind sein Geschäft.Mit seinen Adaptionen von Meisterwerken europäischer Dichtkunst von Proust und Musil bis zu Böll, Frisch und Grass hat sich Volker Schlöndorff viel Reputation erworben.

Saftiges Kino mit manchen Fehlern: Volker Schlöndorffs "Palmetto - Dumme sterben nicht aus"VON CARLA RHODELiteraturverfilmungen sind sein Geschäft.Mit seinen Adaptionen von Meisterwerken europäischer Dichtkunst von Proust und Musil bis zu Böll, Frisch und Grass hat sich Volker Schlöndorff viel Reputation erworben.Nicht immer gelang es ihm, dabei auch eigene Intensität zu erreichen.Trotzdem, er gilt als Spezialist.Umso überraschender deshalb jetzt sein Griff nach einem Trivialroman vom Krimiautor James Hadley Chase.Er wolle mal Urlaub von schwerwiegenden Themen machen, sagte er, und im übrigen habe er schon lange damit geliebäugelt, einen Thriller zu drehen.Schon als Schüler habe er sich einen US-Krimi nach dem anderen angesehen, und im Presseheft ist gleich eine ganze Liste mit Schlöndorffs Lieblingsthrillern abgedruckt.Na, wenn das nicht überzeugt! Und der Film? Ein typischer Vorwurf entfällt diesmal von selbst.Zuviel Ehrfurcht vor dem Stoff wird ihm bei "Palmetto" niemand ankreiden können.Im Gegenteil.Drehbuchautor E.Max Frye sprang recht frei mit der Vorlage um.Auch er wollte seinen Spaß und baute ein paar Überraschungen ein ein, die allerdings erst am Ende richtig mißfallen. Ein Meisterwerk ist der erste Krimi in Schlöndorffs Karriere zwar nicht geworden, aber mit der ihm eigenen handwerklich perfekten Inszenierungsweise ist ihm doch ein saftiges Kinostück gelungen.Eine raffiniert verschachtelte Handlung um einen Entführungsfall, das stimmige Milieu einer spießigen Kleinstadt im feucht-heißen Florida, dazu eine gute bis brillante Besetzung.Was will man mehr? Mir jedenfalls ist dieser solide gemachte Thriller lieber als der unselige "Unhold" mit der unkritischen Präsentation aufgedonnerter Nazis und ungebrochen begeisterter Hitlerjungen. Kidnapper Harry Barber (Woody Harrelson) ist ein Antiheld.Kaum dem Knast entronnen, tappt er schon in sein nächstes Verbrechen.50 000 Dollar Belohnung für seine Hilfe bei einer vorgetäuschten Entführung setzen bei ihm alle Warnsignale außer Kraft, die lockende Schönheit der Auftraggeberin Rhea Malroux (Elisabeth Shue) überrollt jeglichen Vorbehalt.Wenig später hat er eine Leiche im Kofferraum, deretwegen er der Polizei gegenüber in erheblichen Erklärungsnotstand gerät.Die Figur des betrogenen Betrügers haben wir auf der Berlinale in "Jackie Brown" gesehen.Doch das komplizierte Spiel funktioniert nur, wenn die Figur stimmt.Woody Harrelson (brillant in "Larry Flynt") ist der Prototyp eines einfältigen Ganoven, der sich, nur die Nahziele Sex und Geld im Visier, allzuleicht benutzen läßt.Für ihn ist die Geschichte ein paar Nummern zu groß, er wird ausgetrickst und hat am Ende einfach Glück. Ja, das Ende.Es wirkt angeklebt - Chase hatte schon gewußt, wo Schluß war.Die in den fünfziger Jahren spielende Handlung - bei Schlöndorff wirkt sie sonderbar zeitlos - wird nun mit allerlei Grausamkeiten, wie Leichen im dampfenden Säurebad, modisch aufgepeppt.Das ist allenfalls unfreiwillig komisch; dem Film bekommt es nicht. Central, CS Hellersdorf, Filmbühne Wien, Kinocenter Spandau, Kosmos, Titania, Zoo Palast

CARLA RHODE

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