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Kultur: Glaube: "Täglich Brot" in den Sophiensälen (Theater)

Das Leben ist ein langer, endloser Fluss. Das war einmal.

Das Leben ist ein langer, endloser Fluss. Das war einmal. In unserer Hochleistungsgesellschaft ist das Leben ein Freischwimmerbecken in der Größe von etwa 10 mal 4 Metern. Zumindest ist das so in Christiane Pohls Inszenierung von Gesine Dankwarts Text "Täglich Brot", einer Koproduktion von Theaterhaus Jena, Staatsschauspiel Dresden, Berliner Thalia-Theater und den Sophiensälen (heute sowie 25.-28.10., 20 Uhr). Den Darstellern steht das Wasser praktisch bis zu den Knöcheln, theoretisch allerdings bis zum Hals. Fünf Singles, die "etwas aus sich machen" wollen, kämpfen mit und für sich, um nicht unterzugehen im Wettbewerbspool. Und das macht sie - unabhängig vom jeweiligen Selbstdarstellungsprofil - erst einmal symphatisch. Das Stück lebt vom Wiedererkennungseffekt: Eine schicke Karrierefrau, die ihr einsames Leben in geordnete Bahnen zu pressen versucht, ein arbeitsloser Unterhemd-Träger, der erst lamentiert, dann agitiert und schließlich seinen Neuanfang propagiert, eine immer nette Studentin, die sich auf der Suche nach dem Glück durch den Tag träumt, ein nervige Agenturtyp, der stets die Nase vorn hat, aber am Bildschirmschoner verzweifelt, sowie eine abgestumpfte Serviererin im KFC-Outfit, die sich durch die Monotonie ihres Alltags jammert. Einzeln oder gruppendynamisch erreden sie sich ihre (unsere?) gestörten Identitäten - Phrase um Phrase. Und Tag für Tag, nachdem sie vom Wecker, der wie eine Werksirene schrillt, zurück manövriert werden in den Albtraum, der da Leben heißt: "Das ist das Gesicht, mit dem ich raus muss. Ein wenig mehr anders irgendwie wär besser." So weit, so amüsant. Das wars aber auch schon. Den Ausbruch aus ihrem Gefasel-duchtränkten Plantschbecken schaffen die Fünf nicht. Da hilft nur eins: Liste machen für morgen.

Pamela Jahn

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