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Die Hippie-Voodoo-Kommune Goat in vollem Ornat.

© Sub Pop

Goat im Berliner Postbahnhof: Voodoo you are

Wenn sie auf die Bühne kommen, können alle anderen Läden dichtmachen: Das schwedische Hippie-Kollektiv Goat versetzte den Berliner Postbahnhof mit seinem psychedelischen Freakout-Rock in Ekstase.

Große, wirre Augen irren über die Bühne. Die dazugehörigen Körper zucken bei jedem Drumschlag zusammen, während zwei Amazonenkriegerinnen mit Vogelfedermasken und langen Ästen auf die Bretter stürmen: „Let It Bleed!“ Hoho, wo sind wir denn hier gelandet? Im Postbahnhof, gewiss, doch wer sind diese kostümierten Wesen, die das Volk mit einem freizügigen Freakout-Spektakel beglücken? Eine Musik, die alles Psychedelische vom Wüstenblues über Santana bis „Sympathy For The Devil“ aufsaugt und als schillernden Trash ausspuckt. Manchmal klingt es wie ein perverses Disco-Experiment von Black Sabbath, dann wieder wie Fela Kuti, der in einen Stapel Krautrock-Platten gefallen ist. Afro-Beat trifft auf kreischende Killer-Wah-Wah-Fuzz-Gitarren und exotische Stammesgesänge.

Das ist nicht nur einmalig, sondern auch ohne Drogeneinnahme der pure Trip. Eine surreale Reise in unbekannte Länder, wo flirrende Hitze die Sinne benebelt, bis einen ein dumpf grollender Heavy-Rock-Wirbel zurück in die dunkelste Ecke Schwedens trägt, aus der diese grandiose Freestyle-Hippie-Kommune kommt, die sich Goat nennt und ihre Gesichter hinter heidnischen Masken verbirgt. Der Legende nach stammen alle sieben Mitglieder aus dem abgelegenen Dorf Korpilombolo, dessen Bewohner jahrhundertelang Voodoo praktizierten, bis die Kirche davon Wind bekam und das Dorf zerstörte, worauf ein Medizinmann den Ort mit einem Fluch belegte, der bis heute anhält und auch die Musik von Goat befeuert.

Goat zelebrieren ihre Musik wie ein Ritual

Es wird nicht nur diese irre Geschichte gewesen sein, die ein beachtliches Publikum zum Konzert gelockt hat, um zu überprüfen, ob die Band den hohen Erwartungen entspricht, die sie mit ihrem gefeierten Debüt „World Music“ und dessen gerade erschienenem Nachfolger „Commune“ geweckt haben. Ihr Glastonbury-Auftritt und mehrere Touren festigten ihren Ruf als Combo, die ihre Musik wie ein Ritual zelebriert und dabei ebenso witzige wie vielseitige Unterhaltung bietet. Tatsächlich können alle anderen ihren Laden dichtmachen, wenn die fünf Musiker von Goat an Gitarren, Bass, Drum und Perkussion die Bühne mit lodernder Ekstase fluten, bis auch der letzte Brummschädel jenseits von Afrika im Nirvana des Hüftwiegens und Zehenwackelns gelandet ist.

Schlangenartige Gitarrenläufe reißen kleine elektrische Stürme von den Saiten, dazu kommen dunkel rollende Basslinien und ein rastloses Getrommel, das den Gesamtsound in das tobende Zischen klaustrophobischer Zustände treibt, während das Indianergeheul der beiden Sängerinnen versucht, an den Postpunk-Feminismus der frühen Achtziger anzuknüpfen. Schließlich geht es um nichts als Spaß, die große Voodoo-Party, bei der das restlos begeisterte Publikum über dem Boden schwebt und nach 90 Minuten alle bösen Geister vertrieben sind.

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