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Kultur: Gott würfelt

Wie sieht es wohl aus, wenn Gott alles aufs Spiel setzt? Vielleicht so: Da sitzt ein junger Mann im Anzug am Tisch.

Wie sieht es wohl aus, wenn Gott alles aufs Spiel setzt? Vielleicht so: Da sitzt ein junger Mann im Anzug am Tisch. Darauf drei Würfel, die schlappe zwei, drei und vier Punkte zeigen. Kein Sechser dabei. Die Fotoarbeit "Gott setzt alles aufs Spiel" (1500 Mark) ist typisch für den Schweizer Oliver Christinat, der seine Geschichten oft mit ironischem Touch erzählt. So ist in "Die Mißachtung Michaels" (1500,- DM) im Vordergrund eine Schöne zu sehen, die raucht und mit emotionslosem Blick geradeaus schaut. Der Mann hat hinten Platz genommen, kehrt uns den Rücken zu. Wer mißachtet da wen? Ein Spiel mit Interpretationsvarianten. Und dem Licht. Christinat zeigt Grau, Schwarz und Anthrazit in unendlich vielen Nuancen. Die Flächen gestalten sich in fein abgestuften Schattierungen zu Landschaften.

Christinat wendet während des Entwicklungsprozesses eine aufwendige Technik an. Manchmal steht er mit einer Taschenlampe in der Dunkelkammer und belichtet einzelne Partien seiner Arbeiten mehrmals. Die Körper seiner Modelle erhalten dadurch die typischen weichen Konturen. Sie strahlen würdevolle Ruhe aus - wirken mystisch. Die Tiefe der dunklen Partien und der Verzicht auf Beiwerk verstärkt die Wahrnehmung: Seine Figuren erscheinen wie nicht von dieser Welt. Am deutlichsten wird das in dem stets wiederkehrenden Motiv der Marienbilder. Frauen, aber auch mal ein Mann, halten Kinder im Arm oder auf ihrem Schoß, wie die Jungfrau Maria das Jesuskind. Die Arbeiten des 35jährigen Fotografen lassen unschwer Bezüge zur christlichen Ikonografie erkennen. Dabei sind seine Modelle Freunde und Verwandte.

Spreehalle im DAZ, Köpenicker Straße 48/49, bis 27. August; Montag bis Donnerstag 9 - 13 und 14 - 18 Uhr, Freitag 9 - 14 Uhr.

ANDREAS HERGETH

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