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Kultur: Gottschalkiade

Die „Echo Klassik“-Preisverleihung im Konzerthaus

Echt war an dem 1984 in sozialistisch- postmoderner Schinkel-Nachfolge eröffneten Konzerthaus am Gendarmenmarkt nie etwas. Insofern macht es gar nichts, wenn jetzt der ganze Saal in billig wirkenden Goldflitter getunkt wird. Die Majors der Musikindustrie verleihen die „Echo Klassik“-Preise, ein Marketingtool, von dem beide Seiten profitieren: die Labels wie die Künstler. Von Letzteren vergisst dann auch keiner, artig seiner Plattenfirma zu danken.

Thomas Gottschalk moderiert die Show, die zeitversetzt im ZDF gezeigt wird. Und er tut es dann auch so, wie es seine Art ist: weltumspannend, mit ausgebreiteten Armen und der ganzen Größe seines Körpers. Beschirmend und beschützend gemeindet er alles und jeden in die große Fernsehfamilie ein, Simone Kermes als Sängerin des Jahres genauso wie die junge Pianistin Yuja Wang, die er duzt, als sei sie eine alte Freundin: „Du bist in China geboren und lebst heute in den USA – wo fühlst Du dich zu Hause?“

Bei Gottschalk gibt es keine Widersprüche, nichts Unaufgelöstes, kein Leiden am Leben und an der Kunst. Alles wird sofort geglättet und ins Wohnzimmer des quotenträchtigsten Zuschauersegments geholt. Er braucht nur am Cembalo „Hänschen klein“ zu klimpern, schon hat er die Fernsehnation auf seiner Seite: Ja, das ist einer von uns. In Wirklichkeit zeigt diese Echo-Preisverleihung wieder einmal, wie wenig von klassischer Musik übrig bleibt, wenn sie in ein fernsehgerechtes Korsett gepresst wird.

Doch es gibt Lichtblicke: Kurt Krömer unterläuft die Veranstaltung mit subversivem Berliner Proll-Humor und liest ostentativ vom Teleprompter ab, den er „Telepromoter“ nennt. Und wenn Daniel Barenboim Zubin Mehta für sein Lebenswerk würdigt, ziehen sofort Ruhe, Substanz, echtes Leben ein. Iván Fischer und das Konzerthausorchester spielen Tschaikowskys „Eugen Onegin“-Polonaise mit praller, pochender Sinnlichkeit. Als Gottschalk abmoderieren will, gehen seine letzten Worte in Glinkas „Ruslan und Ljudmila“-Ouvertüre unter. Als wolle Fischer sagen: Genug des Marketinggeredes – jetzt kommt die Musik wieder zu ihrem Recht! Udo Badelt

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