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Kultur: Grandseigneur

Zum Tod des Kritikers Armin Eichholz

Wenn es so etwas überhaupt gibt, dann war es Armin Eichholz: das zarteste Urgestein des deutschen Feuilletonjournalismus. Ein gebürtiger Heidelberger, aber im Wesen, Ton und Ausstrahlung doch eine ganz bayrische Erscheinung. Freilich kein Bierdimpfl oder Kraftmensch, sondern ein feiner, schlanker, im Alter leicht gebeugter Herr, dem das Anarchische wie das Autoritäre gleich fern waren. Die oft (auch meineidig) beschworene „liberalitas Bavariae“ verkörperte er mit jener spezifisch süddeutschen, elegant-wurschtigen und lebensfreudig gelassenen geistigen Großherzigkeit, die das Entschiedene und scharfzüngig Ironische nicht ausschloss.

Bis Mitte der Achtzigerjahre war Armin Eichholz so Feuilletonchef des „Münchner Merkur“, danach hat er lange als Kulturkorrespondent für die „Welt“ geschrieben. Dabei war seine liebste Rolle: der Theaterkritiker. Und dabei einer, der seine Leser nicht nur informieren, sondern mit Pointen unterhalten und mit seiner weiten Bildung auch mitreißen wollte.

Dazu waren ihm alle Wortspiele recht („ja Kroetzitürken nochmal!“), doch vor allem steigerte er seine Rezensionen nur zu gerne ins Hochexpressive, mit bezifferten Absätzen, mit jähem Stakkato und rhapsodischem Schwung. Hierin war Eichholz ein Spätexpressionist, einer, der sich noch stilistische Fernduelle mit Kritikern wie Kerr oder Kraus zu liefern schien. Seine Meinungen zum neuen Regietheater der Nach-68er-Jahre waren freilich kämpferisch konservativ. Als junger Kritiker der „Süddeutschen Zeitung“ war ich damals fast immer völlig anderer Meinung und erlebte Armin Eichholz zum ersten Mal persönlich, als wir über eine Inszenierung von Jürgen Flimm auch im Fernsehen debattierten; es ging um ein russisches Revolutionsstück im Münchner Residenztheater, das einen mittleren Kulturkampf ausgelöst hatte. Und die Überraschung war: Mit Eichholz konnte man streiten und gleichzeitig lachen. Selbst das Gewichtige war ihm, es ging ums Theater, ein graziöses Spiel.

Erst jetzt wurde bekannt, dass Eichholz bereits am 27. Dezember mit 93 Jahren in Rottach-Egern gestorben ist. Mit 90 noch hatte er sich in einem Münchner Theater bei einer Premiere den Fuß gebrochen. Die Malaisen des Alters aber trug er, wie alles, mit seinem wunderbar leisen, im sanften Sarkasmus sich auch selbst nie schonenden Humor. Blieb geistig und in seiner persönlichen Herzlichkeit hoch präsent. Ein Grandseigneur. Peter von Becker

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