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Kultur: Große Fische fressen kleine Fische

„Die Farbe des Ozeans“ erzählt von einer Touristin, die Bootsflüchtlingen helfen will.

Vor ein paar Jahren sorgten Fotos für Aufsehen, die halb verdurstete afrikanische Bootsflüchtlinge neben sonnenbadenden Touristen am Strand einer kanarischen Insel zeigten. Zu sehen war das harte Aufeinandertreffen von Erster und Dritter Welt. Das Nebeneinander eingecremter Wohlstandsmenschen und ausgemergelter Migranten wirkte obszön. Aus solchen Nachrichtenbildern macht Maggie Peren mit ihrem zweiten Spielfilm „Die Farbe des Ozeans“ einen Thriller, der gleich mit einem Schockmoment beginnt. Als ein überfülltes Flüchtlingsboot auf Cran Canaria landet, gibt es nur zehn Überlebende. Sanitäter bergen 18 Leichen, einige Kinder, die verdurstet waren, wurden schon auf der Überfahrt ins Meer geworfen.

Die deutsche Urlauberin Nathalie wird zufällig Zeugin der Szene und versucht zu helfen – mit Wasser, einer Telefonnummer und Geld. Dadurch löst sie ungewollt eine Kettenreaktion von Ereignissen aus, die wie in einer griechischen Tragödie zur Katastrophe führen.

Hauptdarstellerin Sabine Timoteo verleiht Nathalie einen trotzigen Moralismus, der sich in sparsamen Gesten ausdrückt. Als ihr Freund (Friedrich Mücke) fordert: „Mach nicht immer fremder Leute Probleme zu deinen“, schweigt sie. Der Kongolese Zola (Hubert Koundé) und sein siebenjähriger Sohn haben die Flucht überlebt und sind dem Internierungslager und der Abschiebung entkommen. Jetzt brauchen sie 500 Euro. Dafür wollen Schleuser sie nach Spanien bringen, in ein vermeintlich besseres Leben.

Gran Canaria ist hier eine staubige, lebensfeindliche Insel, eine unwirkliche Durchgangsstation, wo betrunkene Touristen Silvester in der Großraumdisco feiern und afrikanische Flüchtlinge einen Unterschlupf in den Katakomben eines absurden Spaßbades finden. Immer geht es ums Wasser und darum, nicht unterzugehen. „Die großen Fische fressen die kleinen“, sagt Zola zu seinem Sohn. „Nur der Wal ist zu groß, um gefressen zu werden. Er sinkt auf den Meeresgrund und verliert seine Farbe. Deshalb ist der Ozean blau.“

Alex Gonzales spielt einen erbarmungslosen Polizisten, der die Migranten hasst, weil „sie lügen, wenn sie den Mund aufmachen“. Sein Zynismus ist das Gegenstück zu Nathalies Idealismus. Er taumelt mit einer selbstdestruktiven Energie durch den Film, die an Jarvier Bardem in „Biutiful“ erinnert. Aber er lernt dazu, und überhaupt bleibt in diesem starken, beklemmenden Drama nichts so, wie es anfangs zu sein scheint.

Filmkunst 66, Colosseum, OmU: Central Hackescher Markt

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