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Kultur: Großer Krieg

Ähnlich wie Sportler versuchen auch Filmemacher, Rekorde zu brechen. Derzeit wird eifrig versucht, Steven Spielbergs „Der Soldat James Ryan“ (1998) in den Schatten zu stellen - einen bahnbrechenden Kriegsfilm mit unvergesslicher Eröffnungssequenz.

Ähnlich wie Sportler versuchen auch Filmemacher, Rekorde zu brechen. Derzeit wird eifrig versucht, Steven Spielbergs „Der Soldat James Ryan“ (1998) in den Schatten zu stellen - einen bahnbrechenden Kriegsfilm mit unvergesslicher Eröffnungssequenz. Die Landung der Alliierten in der Normandie, die das Ende des Zweiten Weltkriegs einläutete, inszenierte Spielberg als Inferno zerfetzer Leiber.

Die Konkurrenz inszeniert derweil Kriegsfilme mit Schlachtszenen en masse – etwa in Ridley Scotts „Black Hawk Down“ (trotz zwei Oscars auf unbestimmte Zeit verschoben), John Woos „Windtalkers“ von John Woo (Start demnächst) oder nun in „Wir waren Helden“. Das mag alles grandios choreografiert sein, und die Spezialeffekte-Teams und die Maskenbildner mögen der nächsten Oscar-Verleihung entgegenfiebern. Nur: Diese Filme bewegen nicht. Sie wollen bloß schocken. Und jubeln uns ihre breitwandige Moral unter. „Wir waren Helden“ steht seinem Thema, dem Vietnamkrieg, völlig unkritisch gegenüber.

Da sind Lieutenant Colonel Hal Moore (Mel Gibson) und seine Soldaten. Die erledigen nur einen Job. Und als die ersten Einsätze im November 1965 katastrophal verlaufen und die Frauen daheim Beileidsbriefe erhalten, sagt Moores Frau Julia (Madeleine Stowe) nur: „Die Armee war noch nicht bereit". Ach so. Unwichtig, ob ein Krieg gerechtfertigt ist oder nicht – wichtig nur, ordentlich dafür zu trainieren.

Mit dieser Moral aus dem Fitness-Studio geht es weiter. Einmal erklärt Hal Moore seiner süßen kleinen Tochter, was Krieg ist. Da süße kleine Kinder diesen Film gar nicht sehen dürfen, gilt Moores Definition von Krieg wohl dem dummen (Halb-)Erwachsenen im Publikum. Logisch, dass da auch die Vietnam-Reporter von den Soldaten mit Nichtachtung gestraft werden. Also befiehlt Moore einem seiner Männer, der nicht nur schießen, sondern sogar schreiben kann: „Schreib auf, wie es wirklich war". Das Ergebnis, das Buch „We Were Soldiers Once ... And Young“ von Lt. Col. Harold G. Moore und Joseph Galloway, ist die literarische Vorlage dieses Films.

Und so fort. Da tut es dann nicht mehr viel zur Sache, dass die Vietsen etwas besser wegkommen als bisher. Sie tragen Fotos ihrer Liebsten im Helm und führen Tagebuch. Na ja, sind ja irgendwie auch die Guten: So lange auch sie mal eine US-Flagge in einen Baumstumpf stecken. Frank Noack

In 20 Berliner Kinos

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