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Kultur: "Grüne Wüste": Ein Kampf an allen Fronten

"Anno! Das willst Du wirklich so drehen?

"Anno! Das willst Du wirklich so drehen? Das ist ja wie in einem Defa-Film!" Dies soll Robert Gwisdek, Sohn von Michael Gwisdek und Corinna Harfouch, beim Dreh ausgerufen haben, und dieser Spruch fällt einem beim Zusehen mehrfach ein.

Die Visitenkarte eines Films sind die ersten Minuten: Hier wie so oft in deutschen Werken kitschiges Klavierklimpern mit Streichern und dazu zarte Naturbilder. Als ob der jugendliche Deutsche sanft in den Film geleitet werden muss, weil er sonst nichts kapiert! Mein Gott, selbst wenn man Hollywood-Ästhetik nicht mag: Was spricht dagegen, vernünftige Anfänge zu drehen, die Zuschauer nicht zu unterfordern und ein bisschen Tempo vorzulegen?

Eine erste Liebe. In einem Dorf. Katja (Tatjana Trieb aus "Jenseits der Stille") fühlt sich zu Johann hingezogen (Robert Gwisdek), mit dem sie ein romantisches Ausgrabungsprojekt in der nahe gelegenen Burgruine verfolgt. Sie entdeckt, dass ihre Mutter (Martina Gedeck) und sein Vater (Heino Ferch) ein Verhältnis haben, von dem ihr eigener Vater (Uli Noethen) weiß. Zugleich erkrankt Johann schwer. Nun muss Katja an allen Fronten kämpfen: sich mit ihrer kritiksüchtigen Mutter herumschlagen, Johann ermutigen und sich ihrer eigenen, enormen Angst stellen. Gleichzeitig lernen wir die Probleme von Katjas Mutter kennen, von Martina Gedeck trotz der lebensfremden Dialoge wie üblich hervorragend gespielt. Dies schließt auch eine Sex-Szene und lebensechte Ehe-Miseren ein: amüsant, wenn man bedenkt, dass der Film sich vor allem an Heranwachsende unter 14 wendet.

Regisseur Anno Saul, Jahrgang 63, hat als Regisseur Talent, wie die Bilder und die sensible Inszenierung zeigen. Dass ein gefühlvoller Film nicht unbedingt gefühlig sein muß, und dass Film entscheidend von Dialogen abhängt - dies muss Saul allerdings noch lernen.

Simone Mahrenholz

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