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Kultur: Gut & böse

Der Filmschauspieler Ernest Borgnine ist tot.

In seinem berühmtesten Film „Verdammt in alle Ewigkeit“ (1953) verkörperte Ernest Borgnine den sadistischen Sergeant Judson, genannt Fatso, der den schmächtigen Frank Sinatra bei jeder Gelegenheit schikaniert und schließlich totschlägt. Er war in dieser Rolle so hassenswert und furchterregend, dass ihm die Festlegung als bulliger Schurke drohte. Doch dann gelang ihm mit einer völlig entgegengesetzten Darstellung ein Überraschungserfolg, der gegen alle Gesetze der Branche verstieß.

Es war jene Zeit, in der Hollywood sich heftig gegen die Konkurrenz des Fernsehens zur Wehr setzte, indem es immer buntere, lautere und auch längere Breitwandfilme herstellte. Ein stilles kleines Schwarz-Weiß-Drama wie „Marty“ (1955) hatte in dieser Kinolandschaft eigentlich keine Chance, schon gar nicht mit solch einem bereits als Typ und Type festgelegten Protagonisten. Metzger Marty Piletti ist schüchtern, sieht nicht sonderlich gut aus, wohnt noch immer bei seiner Mutter und flirtet höchst zaghaft mit einer ebenso schüchternen, mausgrauen Frau. Der Film basierte auf einem Fernsehspiel und versuchte erst gar nicht, dessen hausbackene Ästhetik durch große Kinobilder zu ersetzen. Doch das Publikum war begeistert, und bei der nächsten Oscar-Verleihung erwies sich „Marty“ als der unangefochtene Sieger: Bester Film, Regie, Hauptdarsteller, Drehbuch. Noch verblüffender: Borgnine setzte sich gegen jüngere, weitaus angesagtere Konkurrenten wie James Dean („Jenseits von Eden“) und Frank Sinatra („Der Mann mit dem goldenen Arm“) durch.

Das Fatale dabei: Schon wieder war Ernest Borgnine festgelegt, nur dass sein breites Knautschgesicht von Stund’ an nicht mehr Angst verbreiten, sondern liebenswerte Unbeholfenheit ausdrücken sollte. Blickt man auf seine lange Karriere mit den über 200 Titeln, hat er das eine mit dem anderen kombiniert: In harten Männerfilmen wie „Das dreckige Dutzend“ (1967), „The Wild Bunch“ (1969) und der militaristischen TV-Serie „Airwolf“ (1984) wurde er der Experte für das Raubein mit Herz.

Die sechziger Jahre verbrachte er überwiegend in Italien, der Heimat seiner Eltern: Borgnine hieß eigentlich Ermes Effron Borgnino. Zu seiner Filmografie gehören auch Kuriositäten wie Otto W. Retzers „Tierärztin Christine“ (1993), wo er an der Seite von Uschi Glas zu sehen war. Seine beste Altersrolle schrieb ihm Sean Penn auf den Leib: den Witwer in dem Episodenfilm „11’0’’01“ (2002). Borgnine, der vier Kinder aus fünf Ehen hatte, war im Kino zuletzt in Robert Schwentkes Senioren-Actionfilm „R.E.D.“ (2010) zu sehen. Am Sonntag ist Ernest Borgnine im Alter von 95 Jahren in Los Angeles gestorben. Frank Noack

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