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Endstation Meteorit. Nathan Gardner (Nicolas Cage) bekommt es mit außerirdischen Mächten zu tun.

© Drop Out Cinema

H.P. Lovecraft-Verfilmung im Kino: Mit dem Meteoriten kamen die Schleimtentakel

Nicolas Cage schillert und funkelt in dem irren Fantasy-Trip „Die Farbe aus dem All“. Der nächste denkwürdige Eintrag in einer einzigartigen Filmografie.

Von Andreas Busche

Nicolas Cage sah lange nicht mehr so gut aus. Fluoreszierendes Licht strömt ihm aus allen Poren, es verleiht seiner transparenten Haut ein psychedelisches Schimmern, das die Herzen zehnjähriger Mädchen höher schlagen ließe. Cage glitzert und funkelt in violett und pink, ein Kinderzimmertraum – bis auf den manischen Gesichtsausdruck, den sich der Oscar-Preisträger nach 15 Jahren in den Untiefen des Genrekinos antrainiert hat.

Nicolas Cage ist, könnte man auch sagen, das letzte Einhorn einer vergangenen Kino-Epoche, in der sich mit seinem Namen noch Geld verdienen ließ. Fabelwesen kommen in Richard Stanleys Science-Fiction-Film „Die Farbe aus dem All“ zwar nicht vor, dafür aber ein anderes Huftier: Familienvater Nathan Gardner züchtet auf seiner abgelegenen Farm in Massachusetts Alpakas. Auch das kann Cage jetzt also von seiner endlosen Liste abwegiger Filmrollen (zuletzt als Axträcher in "Mandy") streichen.

Die Vorlage ist eine Kurzgeschichte von H. P. Lovecraft

„Die Farbe aus dem All“ basiert auf der gleichnamigen Kurzgeschichte des amerikanischen Schriftstellers H. P. Lovecraft, dessen fantastischer Mystizismus und derangierte Ikonografie auch das Fantasy- und Science-Fiction-Kino maßgeblich beeinflusst haben – von Ridley Scott über John Carpenter bis Guillermo del Toro. Die letzte Welle von Verfilmungen gab es Mitte der Achtziger aus dem Studio des Körperhorror-Aficionados Stuart Gordon („Der Re-Animator“), aber Lovecraft hat sich heute so tief ins Bildergedächtnis des Kinos eingeschrieben, dass werkgetreue Adaptionen eigentlich überflüssig geworden sind.

Richard Stanley, der auch das Drehbuch geschrieben hat, übernimmt die Buchvorlage nur in Grundzügen und gibt den Motiven einen prägnanten Dreh. Der südafrikanische Regisseur ist so etwas wie eine Kultfigur im Horrorkino, sein Debüt „M.A.R.K. 13“ (1989), ein atmosphärischer Low-Budget-Film über einen Schrottsammler nach einer globalen Apokalypse (mit Iggy Pop und Lemmy Kilmister), gilt heute als Klassiker. Stanleys letzter Regie-Eintrag in der Internet Movie Database ist „Die Insel des Dr. Moreau“ von 1996, den er nach Streitigkeiten mit den Stars Marlon Brando und Val Kilmer nicht mehr beenden durfte. „Die Farbe aus dem All“ ist sein Comeback, nach 23 Jahren.

Mutationen und Farbverunreinigungen

Lovecraft hat stets visionärere Filmemacher angezogen. Die fantastischen Zwischenwelten, aus denen seine tentakelbewehrten, vieläugigen Schleimwesen in die Welt der Menschen ausbrechen, sehen bei handwerklich weniger beschlagenen Regisseuren immer etwas albern aus. Stanley interessiert sich allerdings auch weniger für metastasierende Mutationen – Körperhorrorfans kommen dennoch auf ihre Kosten –, sondern für die titelgebenden Farbverunreinigungen.

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Als ein Meteorit auf dem Grundstück der Gardners einschlägt, beginnt die Flora und Fauna am Einschlagort zu sprießen. Ein außerirdischer Erreger verändert die genetische Beschaffenheit der Lebewesen im Umfeld. Und er leuchtet dabei so beruhigend.

Fluoreszierende Lichtkokons im Wald

Cages gebannter Blick in die wabernden Lichtkokons im Wald doppelt gewissermaßen den Blick des Publikums auf dieses LSD-Spektakel. Alex Garlands Ökohorrorfilm „Auslöschung“ war thematisch zwar verwandt, aber Stanley feuert mit der Farbkanone aus allen Rohren. Für vorgeschobene wissenschaftliche Erklärungen bleibt da, ganz im Geiste Lovecrafts, keine Zeit. Vielleicht hat die amerikanische Rechte den überzeugten Rassisten auch deswegen zu ihrem literarischen Schirmherren erkoren.

Der Farbexzess kombiniert vortrefflich mit dem Method Acting von Cage, der dieses Mal ranzige Tomaten stressprügelt und über die Vorzüge von Alpaka-Eutern philosophiert. Im Segment von Video-on-Demand-Genreware ist „Die Farbe aus dem All“ buchstäblich ein leuchtendes Juwel. Richard Stanley wird auf seinen nächsten Film wohl kaum wieder 23 Jahre warten müssen.
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