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Kultur: Halbvoll, nicht halbleer

hat mal wieder tief ins Glas geschaut Verquaste Esoterik an der Staatsoper, kreuzbraves Musical an der Komischen Oper und altmodisch opulentes Ausstattungstheater an der Deutschen Oper – auf den ersten Blick sieht es ganz so aus, als hätten die drei Berliner Opernhäuser mit ihren Eröffnungspremieren das Votum der „Opernwelt“-Umfrage bestätigt, die Berlin wieder mal den Schwarzen Peter als „Ärgernis des Jahres“ zugeschoben hatte. Doch so einfach ist es nicht.

hat mal wieder tief ins Glas geschaut Verquaste Esoterik an der Staatsoper, kreuzbraves Musical an der Komischen Oper und altmodisch opulentes Ausstattungstheater an der Deutschen Oper – auf den ersten Blick sieht es ganz so aus, als hätten die drei Berliner Opernhäuser mit ihren Eröffnungspremieren das Votum der „Opernwelt“-Umfrage bestätigt, die Berlin wieder mal den Schwarzen Peter als „Ärgernis des Jahres“ zugeschoben hatte. Doch so einfach ist es nicht. Denn einerseits ist die „Opernwelt“-Umfrage ziemlich ungerecht, weil sie einfach alle Negativ-Voten zusammenzählt, die irgendwie mit Berlin zu tun haben: Egal ob es nun um die Mätzchen von Christian Thielemann geht oder um eine miserabel besuchte Aufführung an der Komischen Oper. Auf der anderen Seite sollte man zur Abwechslung das Glas einfach einmal nicht als halbleer, sondern als halbvoll betrachten.

Schließlich waren alle drei Produktionen zumindest respektable Wagnisse: Wichtig, dass ein Stück wie Steven Sondheims auf der Grenze zwischen Musical und Oper angesiedelter „Sweeney Todd“ in Berlin gespielt wird (wieder am 25.10.), und richtig, dass die Staatsoper als erste Premiere nicht „Carmen“ oder „Parsifal“ gibt, sondern mit „Takemitsu - My Way of Life“ ein Zeichen für zeitgenössisches Musiktheater setzt (wieder heute sowie am 27. u. 29.10.). Und warum sollte, nachdem der Staatsopern- „Pelléas“ von Ruth Berghaus abgespielt ist, nicht zumindest eine Version von Debussys wunderbarer Oper im Berliner Repertoire sein (heute sowie am 28.10.). Zumal wenn sie, um das halbvolle Glas noch ein bisschen voller zu machen, so ausgezeichnet besetzt ist wie an der Deutschen Oper – weit besser übrigens als das, was die sonst gern als Maßstab genommene Bayerische Staatsoper bei ihren letzten Festspielen als „Pelléas“-Besetzung aufbieten konnte.

Und wo, bitte sehr, gibt es sonst einen Spielplan, der innerhalb einer Woche auch noch eine weitere Premiere zeitgenössischer Musik ( Zenders „Don Quijote“ , heute an der Komischen Oper), kontroverse Inszenierungen wie Neuenfels’ „Nabucco“ (Deutsche Oper, 26. u. 30.10.) und Bieitos „Entführung“ (Komische Oper 27.10.), Händels „Alcina“ (Komische Oper, 29. u. 31.10.) und Schrekers „Fernen Klang“ (Staatsoper, 26. u. 30.10.) umfasst? Und, wenn wir schon mal dabei sind: Berlins Opernhäuser sind gar nicht halbleer. Sondern halbvoll. Mindestens.

Jörg Königsdorf

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