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Kultur: Halász’ Adieu

Ein Theatermann inszeniert sein eigenes Begräbnis

Es war ein Begräbnis bei lebendigem Leibe, und er hatte es selbst ausgerichtet. Am Montagabend verabschiedete sich der 62-jährige ungarische Theaterpionier Péter Halász in der Budapester Kunsthalle am Heldenplatz von Hunderten von Weggefährten. In einem Glassarg aufgebahrt, inszenierte der schwer Krebskranke seine vermutlich letzte Performance: als trotzige Geste eines Mannes, der, wie der Schriftsteller György Konrád in seiner Grabrede erklärte, „jede seiner Handlungen in ein großes Lächeln einrahmt“.

Halász ist bis heute der Inbegriff der freien ungarischen Theaterszene – und längst auch auf internationalen Bühnen ein klangvoller Name. Mit dem 1969 gegründeten Kassak-Theater, das er im amerikanischen Exil in Squat Theatre umbenannte, schuf er physisch zupackende, energiegeladene, hochfragmentierte Happenings, in denen die Musik- und Dialogfetzen nur so flogen. Anfang der siebziger Jahre war das selbst im halbwegs gemäßigten Kádár-Sozialismus zu viel: Kassak wurde der Obszönität geziehen, und als die Truppe 1973 in Breslau eine wilde Spontanvorstellung gab, konfisizierte die Regierung die Pässe der Beteiligten. Weitergespielt wurde bis 1976 in privaten Wohnzimmern.

Auf dem Weg nach New York (mit einem Umweg über Paris) ließ Péter Halász nicht nur seine beiden Akzente hinter sich. Er versuchte nach dem gefeierten Patchwork „Pig, Child, Fire!“ auch eine amerikanischere Sprache zu entwickeln – und fand in Andy Warhol, der ja aus einer tschechischen Familie stammte, einen geeigneten Mitstreiter. 1978 brachte er im Squat-Domizil, einem großen Ladenlokal (256 West/23rd Street) sein originäres US-Debüt „Andy Warhol’s Last Love“ heraus. Aus Squat wurde 1985 die Love Theater Company und Halász ein begehrter Gastregisseur. Auch Squat-Schauspieler wie Eszter Bálint, die in Jim Jarmuschs Film „Stranger than Paradise“ auftrat, wurden international bekannt. 2001 kehrte Péter Halász schließlich dauerhaft nach Budapest zurück und betrieb vom Városi-Theater im achten Bezirk aus ein neues Projekt. dotz

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