Kultur: Handschrift gesucht
"Was soll ich jetzt bloß schreiben", fluchte eine Journalistin unüberhörbar beim Hinausgehen, "ist doch kein einziger neuer Satz gefallen".Recht hatte die Dame, und doch war die Veranstaltung ergiebig.
"Was soll ich jetzt bloß schreiben", fluchte eine Journalistin unüberhörbar beim Hinausgehen, "ist doch kein einziger neuer Satz gefallen".Recht hatte die Dame, und doch war die Veranstaltung ergiebig.Im Rahmen der "Potsdamer Gespräche" wurde im Hans-Otto-Theater in Anwesenheit von Kulturstaatsminister Naumann über Filmförderung in Potsdam-Babelsberg gesprochen.Es ging um die üblichen Fragen: Wie kann man die Krise des deutschen Films überwinden? Und gibt es überhaupt eine Krise? Gegnerische Positionen waren vorhanden, Knut Elstermann moderierte so lebhaft, wie man sich den deutschen Filme wünscht, und während einer Meinungsverschiedenheit prasselte sogar Regen auf das Dach des Hans-Otto-Theaters.
Aktueller Anlaß für die Diskussion war der Umstand, daß in Cannes wieder einmal kein einziger deutscher Film im Wettbewerb läuft.Die Kasse stimmt einigermaßen, aber wie steht es mit der Kunst? Volker Schlöndorff nutzte diese Frage, um in den neuen Bundesländern Punkte zu gewinnen: Wer von Kunst rede, so seine Behauptung, der würde sich im Westen unbeliebt machen; dort sei das Wort tabu.Mit Kunst meinte er natürlich den Autorenfilm, dem er nachtrauert wie ein Kind seinem Spielzeug.
Wie Michael Naumann betonte, müsse auch die Kreativität des Produzenten gefördert werden.So habe Jörn Rettig an seinem Erfolg "Zugvögel" bisher keinen Pfennig verdient, weil die beteiligten TV-Sender zuerst kassierten, und Regina Ziegler bezeichnete sich selbst als ehemalige "Minus-Millionärin".Produzenten brauchen mehr Eigenkapital, doch wo soll es herkommen? Nach Ansicht der SAT1-Redakteurin Doris Kirch seien die meisten Produzenten von der Ausbildung her gar nicht in der Lage, freie Unternehmer zu sein; sie würden sich im Schutz eines TV-Senders wohler fühlen.
Selbst wenn sie ihr Handwerk beherrschen wie Tom Tykwer, ist der internationale Erfolg nicht sicher."Lola rennt" war in Frankreich ein Reinfall, weil man dort generell keine deutschen Filme sehen möchte - außer die von Schlöndorff, sagte Naumann aus Höflichkeit."Auch nicht meine", gab Schlöndorff zu, der ohnehin einen resignierten Eindruck machte.
Ein Filmwunder läßt sich nun einmal nicht forcieren.Kein Fellini, kein Bergman, kein Kubrick ist von Kulturpolitikern aufgebaut worden.Und da sich solche Genies nicht züchten lassen, sollten wir vorerst für jeden gutgemachten Kommerzfilm dankbar sein.Auch von denen gibt es nicht allzuviele.