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Kultur: Hanns Adrian erhält die bedeutendste Ehrung der deutschen Architektenschaft

Es geht der Ruf nach dem großen Stadtbaurat. Stark soll er sein in der Durchsetzung und in der Gestaltung, verwaltungstechnisch versiert, kulturell gebildet, sozial einfühlsam.

Es geht der Ruf nach dem großen Stadtbaurat. Stark soll er sein in der Durchsetzung und in der Gestaltung, verwaltungstechnisch versiert, kulturell gebildet, sozial einfühlsam. Wo sind Gestalten wie Ludwig Hoffmann, Martin Wagner, Theodor Fischer, Fritz Schumacher, die im Kaiserreich und in der Weimarer Republik Maßstäbe zu setzen versuchten (vergl. Tagesspiegel vom 3.12.99, S.31) Wenn man den Elogen auf Hanns Adrian, den einstigen Stadtbaurat von Frankfurt/ Main zu Beginn der siebziger Jahre und Hannover - 1975 bis 1993 -, folgt, die im Rahmen der Verleihung des Großen Preises des Bundes Deutscher Architekten flossen, ist er eine Lichtgestalt gewesen.

Der BDA ist die selbsternannte Elite-Organisation der deutschen Architektenschaft, sein Großer Preis gilt als bedeutendste deutsche Ehrung auf diesem Gebiet. Doch glücklicherweise brachte Adrians engagierter Dank-Vortrag die Sache dann wieder in die Waage, getreu seinem Motto für erfolgreiche Stadtbauräte: Kopf im Himmel, Füße in der Erde und einen kräftigen Hintern zum Aussitzen. Fast schon ein Selbstportrait des freundlichen Hünen mit Walrossbart, der seinen Kollegen die Leviten las. So mancher der im berufstypisch schwarzen Tuch Versammelten war deutlich konsterniert bei der vehementen Forderung, das Primat der Gesellschaft vor den Interessen des Einzelnen durchzusetzen.

Adrian hat in Hannover nicht nur die technokratisch versierte Planungskultur der sechziger Jahre fortgesetzt, welche die Stadt zu einer Inkarnation der ästhetisch uninspirierten Wirtschaftswunderzeit machte. Er demokratisierte den Verwaltungsapparat, legte mit Flächennutzungsplänen die Grundlage für die Expo 2000, setzte auf Ökologie und darauf, die Bürger einzubinden. Durchaus umstritten - die CDU-Fraktion verließ den Saal, als Adrian auf dem Ticket der SPD gewählt wurde -, erwarb er sich doch Anerkennung; und sei es nur durch die Kraft, sich selbst um Ampeln oder öffentliche WC-Spülungen zu kümmern. Doch Adrian sieht die Kraft der Städte zur Selbstgestaltung schwinden - und lobte ganz nebenbei die Berliner mit ihrem "Planwerk Innenstadt" als zukunftsweisend. Stadtbauräte seien keine omnipotenten Supermänner, aber sie müssten eine so dicke Haut haben, dass sie auch ohne Knochen noch stehen könnten. Schließlich sei ihre Beschimpfung zum Lieblingssport der Öffentlichkeit geworden; allgemein verständnisvolles Nicken im Taut-Saal. Glückwunsch nach Hannover.

Nikolaus Bernau

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