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Screenshot aus dem Video „Zebra“, 2006.

©  Haris Epaminonda

Haris Epaminonda in der Berlinischen Galerie: Gedächtnis, Tradition, Trauma

In Haris Epaminondas Ausstellung "12x12" in der Berlinischen Galerie verschmelzen Klischee, Medienwirklichkeit und Fantasie.

Das Bild einer Statue taucht auf und verschwindet. Das Foto von Reisenden mit Koffern am Strand wird vom Sonnenlicht geschluckt. Eine Leuchtskulptur blinkt und erlischt. Und dann steht das Foto von drei Männern quälende zweieinhalb Minuten lang still.

Für „12x12“, die Reihe im Filmraum der Berlinischen Galerie, hat die Künstlerin Haris Epaminonda frühe Kurzfilme zu einer Endlosschleife montiert. Aus dem ruhigen Rhythmus der Bilder, unterlegt mit Kompositionen von Johann Sebastian Bach oder Alexander Skrjabin, entsteht eine geistige Landkarte, ein Gedankenraum zwischen Erinnerung, Tradition und Trauma.

Für die Serie „Tarahi“ hat Haris Epaminonda kurze Sequenzen aus ägyptischen Seifenopern vom Fernsehgerät abgefilmt. „Tarahi“ bedeutet im Griechischen Aufruhr, die Ausschnitte isolieren aufgewühlte Gefühle. Aus dem Nebeneinander der sekundenlangen Ausschnitte entsteht vor dem inneren Auge eine Schmonzette. Klischee, Medienwirklichkeit und Fantasie verschmelzen.

Ihre Filmschleifen sind wie der Speicher des kollektiven Gedächtnisses

Haris Epaminonda ist 1980 in Nikosia geboren, der geteilten Hauptstadt von Zypern, an der Bruchstelle zwischen Türkei und Griechenland. Bei der Invasion der türkischen Truppen war sie drei Jahre alt. Nach dem Studium in London vertrat sie schon mit 27 Jahren Zypern bei der Biennale von Venedig. Inzwischen lebt die Künstlerin in Berlin. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Daniel Gustav Cramer stellt sie kontinuierlich die „Infinite Library“ zusammen. Die endlose Bibliothek umfasst inzwischen 75 Bände von „Brasilien – Paradies der Edelsteine“ bis zu „Stars and Films of 1938“.

Auch die Endlos-Filmschleifen von Haris Epaminonda versammeln Ausschnitte menschlicher Erfahrungen aus Jahrtausenden. Die Speicher des kollektiven Gedächtnisses scheinen unerschöpflich. Die Filme funktionieren nach dem Prinzip der Collage. Sie stellen ganz neue Beziehungen her.

Wie zufällig werden Erinnerungen an die Oberfläche geschwemmt. Bei genauem Hinsehen sind sie aber sorgfältig ausgesucht und transportieren mehr als nur den einen Schnappschuss. Haris Epaminonda arbeitet gern mit analoger Technik, mit Super 8 oder Polaroid-Kamera. Da wohnt der Gegensatz zwischen Bewahren und Vergehen dem Material schon inne. Die Bilder verblassen. Aber keines geht verloren, sondern stößt im ungewohnten Zusammenhang neue Emotionen an.

Berlinische Galerie, Alte Jakobstr. 124, nur noch bis 29. August, 10–18 Uhr

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