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Hingegeben. Nikolaus Harnoncourt.

© Marco Borggreve

Harnoncourt im Konzerthaus: Das Prinzip Neugier

Mozart mit Macht: Nikolaus Harnoncourt gastiert mit seinem Concentus Musicus Wien im Konzerthaus.

Dirigieren hat Nikolas Harnoncourt nie gelernt, er übernahm nur ganz selbstverständlich die Leitung eines Kreises von Gleichgesinnten, die ungekanntes Repertoire der Alten Musik erkundeten und denen der allgemeine Drang zum Schönklang verlogen vorkam. 1953 war das, der Cellist Harnoncourt hatte gerade die Geigerin Alice Hoffelner geheiratet. Jahrelang probte man vor den ersten Auftritten. Heute kommt Harnoncourt, 84 Jahre jung, mit seinem Concentus Musicus Wien ins Konzerthaus, als Vorbote einer Hommage, die man ihm, dem geborenen Berliner, dort vom 7. bis 16. November ausrichtet. Und natürlich spielt seine Frau bei den ersten Geigen mit.

Noch bevor ein Takt Musik erklingt, greift Harnoncourt zum Mikrofon: Die Hochzeitsmusik der Haffner-Serenade habe es in sich. Ein Genie wie Mozart wisse alles über das Leben, vor allem, dass es nicht nur schön und harmonisch abläuft. „Da fliegen auch mächtig die Teller“, fügt der Dirigent an, es gebe mal eine Woche nur Kohlsuppe und auch eine Tonlage der „verzweifelten Weiblichkeit“ komme vor. Für Musik als eine lebendige Rede zu begeistern, dass vermag keiner wie Harnoncourt. Ungezählt die Musiker, die er damit ansteckte, auch Cecilia Bartoli zählt sich dazu. Umgeben von seinen Concentus-Kollegen zeigt Harnoncourt noch einmal rigoros, was er der Klassikwelt gegeben hat: Seine immer etwas grimmig wirkende Beschwörung der Gegenwart, Neugier bei weit aufgerissenen Augen, Lust am Widerspruch.

Bei Mozart wird er naturgemäß fündig, auch wenn der weitreichende Verzicht auf Galanterie die Serenade doch Farbtöne kostet. Selbstredend werden alle nur denkbaren Wiederholungen mit stets derselben schneidenden Emphase ausgespielt, während das Werk auf Stundengröße schwillt. Nein, leicht macht es Harnoncourt sich und seinen Zuhörern nicht. Übergänge zu schaffen ist nicht sein Ziel, Konfrontationen aufzuzeigen dagegen sein Element. Organischer als in der Haffner-Serenade gelingt ihm das in Mozarts wenig gespielter Linzer Sinfonie mit ihrem furiosen Finale. Ivan Fischer, einst Student Harnoncourts, überreicht Blumen. Ovationen.
Zur Harnoncourt-Hommage erscheint am 2. November eine Sonderseite.

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