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Kultur: Harte Treppe

Im Kino: Mirko Borschts „Kombat Sechzehn“ knöpft sich Ost-West vor

Frankfurt an der Oder ist eine nette Stadt. Es gibt zwar ein paar Probleme, aber an der Imbissbude wärmt man sich mit Goldbrand, und wenn’s mal ganz dicke kommt, stehen die 17 Hippies da und machen lustige Musik. So kennt man es aus Andreas Dresens Film „Halbe Treppe“. Für den 16-jährigen Georg ist dieses Frankfurt das Letzte. Als sein Vater ein Einkaufszentrum an der deutsch-polnischen Grenze errichten soll, muss der Schüler (Florian Bartholomäi)aus dem schicken Frankfurt am Main an die Oder umziehen. Gut, dass er den koreanischen Kampfsport Taekwondo gelernt hat, denn den braucht man, um sich hier auf der Straße zu behaupten. Das beeindruckt die örtliche Nazi-Clique, und so findet Taekwondo-Kid erst die falschen Freunde, dann wird er von Eltern, Sozialarbeiter und Freundin (Isabelle Mbarga) im Stich gelassen. Aus Rache klebt er Nazi-Plakate gegen das Einkaufszentrum des Vaters.

Mirko Borschts teils mit Laiendarstellern gedrehtes ambitioniertes Langfilmdebüt „Kombat Sechzehn“ treibt in harten, schmutzigen Bildern auf die Entscheidung zu: schlechte Freunde oder gutes Gewissen? Der jugendliche Hauptdarsteller muss dabei stellvertretend für die Deutschen alles ausbaden, was bei der Vereinigung schief lief, und zwar auf die ganz harte Tour. „Kombat Sechzehn“ ist nicht nur einer der seltenen deutschen Kampfsportfilme, es ist auch einer der wenigen Taekwondo-Filme überhaupt.

Dem Thema Neonazis hat der in Cottbus aufgewachsene Berliner Regisseur Borscht (Jahrgang 1971) allerdings nichts Neues hinzuzufügen: Er variiert Motive aus „American History X“, „Oi Warning“ oder „Romper Stomper“. Dabei erliegt er streckenweise unfreiwillig der Blut-und-Schlamm-Ästhetik der Skinheads: Die brutalen, mit der Handkamera gedrehten Bilder von Schlägereien erinnern teils mehr an Stalingrad als an Frankfurt/Oder. Die melancholische Kuscheligkeit eines Andreas Dresen, so die überdeutliche Botschaft, wird auf den harten Betontreppen mit Springerstiefeln zertreten, halbe Sachen werden hier nicht gemacht. Die neuen Leiden des jungen Wessis finden schließlich ihr erlösendes Ende in Freundschaft und Sport. Aber da sind bereits alle deutsch-deutschen Klischees mit derart harten Handkantenschlägen gedroschen worden, dass man sich mehr als einmal zurück auf die halbe Treppe wünschte.

CineStar Hellersdorf, Hackesche Höfe, Kino in der Kulturbrauerei

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