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Kultur: Hast du Töne!

Musikfilme? Filmmusik: ein Festival-Soundcheck

Alle reden von den Musikfilmen auf der Berlinale. Aber was macht die Musik in den anderen Filmen? Erstaunlich oft wird sie in diesem Festivaljahrgang klug und zurückhaltend eingesetzt. Ein Soundcheck.

Musik ist Kommunikation. Letztes Jahr, in den vielen historische Filmen der Berlinale, feierte das gute alte Telefon eine Renaissance. Dieses Jahr hört man ständig Handyklingeltöne, die meisten bei den Asiaten. Prima Gelegenheit, die Charts aller Kontinente kennenzulernen.

Musik macht Spaß. Horn und Fagott in Mike Leighs Gute-Laune-Paket „HappyGo-Lucky“. Wenn die Gangster in Johnnie Tos „Man Jeuk“ ihr Ding drehen, swingt ein ganzes Musicalorchester mit.

Musik ist Propaganda. Ertönt meist aus dem Radio, gern in chinesischen Filmen. Live: die Kriegslieder in „Feuerherz“.

Musik stört. Im Forums-Beitrag „Invisible City“, einem Essay über verschüttete Geschichte, ist der Sound aus dem Fiepsen und Dröhnen der Aufnahmetechnik collagiert. So übersteuert klingt Vergessen.

Musik schafft Nähe. Das Solocello zur Café-Szene, in der sich die Schwestern in Philippe Claudels „Il y a longtemps que je t’aime“ näher kommen.

Musik ist Erinnerung. „Morgen ist Fiktion, heute, das war schon, gestern ist egal“, heißt es im Punkrock-Song am Ende von „Berlin – 1. Mai“. Musik ist noch flüchtiger als Film.

Musik ist Zukunft. In „Lake Tahoe“ intoniert das mexikanische Mädchen einen selbstgemachten Song, den Rhythmus klopft sie auf den Knien. Raus aus dem Kaff, Sängerin werden, das wäre es.

Musik ist für Kultivierte. Ben Kingsley sitzt in „Elegy“ am Klavier und spielt Bach.

Musik ist Traum. Das trancehafte Allegretto aus Beethovens 7. Sinfonie in Hong Sangsoos „Night and Day“. Ein Koreaner in Paris: Vielleicht träumt der Held ja den ganzen Film.

Musik ist Schmerz. Der israelische Klagegesang der schönen Sängerin in „Restless“. Ein Lied wie eine offene Wunde.

Musik ist Trost. Nanni Moretti weiß in „Caos calmo“ nach dem Tod seiner Frau nicht weiter. Rufus Wainwright und Radiohead harren mit ihm aus.

Klassik ist Trumpf. Radiohead zum zweiten: Gitarrist Jonny Greenwood unterzieht P.T. Andersons Epos „There Will Be Blood“ mit fiebrigen Dissonanzen, Arvo Pärt beschwört das religiöse Amerika. Aber erst der energische Finalsatz von Brahms’ Violinkonzert legt es offen: den Ursprung der Zivilisation aus der Gier. Brahms klingt anders seitdem. chp

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