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Kultur: Haus & Herr

Jan Schulz-Ojala wünscht der Deutschen Filmpreis-Jury alle Freiheiten Julian Nida-Rümelin ist, wie man weiß, ein feiner Mann. Der SPD-Kulturstaatsminister schwingt nicht die Axt wie weiland CSU-Innenminister Friedrich Zimmermann, wenn es um den deutschen Film geht.

Jan Schulz-Ojala wünscht der Deutschen Filmpreis-Jury alle Freiheiten

Julian Nida-Rümelin ist, wie man weiß, ein feiner Mann. Der SPD-Kulturstaatsminister schwingt nicht die Axt wie weiland CSU-Innenminister Friedrich Zimmermann, wenn es um den deutschen Film geht. Er führt keine heiligen Kriege gegen Regisseure - so wie Zimmermann, der vor fast 20 Jahren dem „gotteslästerlichen“ Filmpreisträger Herbert Achternbusch bockig einen Teil seiner Preissumme gar nicht erst auszahlen wollte. Im Gegenteil, der sanfte JNR will deutschen Regisseuren Gutes tun. Manchen vielleicht zu viel des Guten.

Ganz besonders wohlgesonnen war er letztes Jahr den Machern des Skinheadfilms „Oi Warning“ - und holte sich prompt einen, nunja, Krach mit der Jury des von ihm ausgelobten Deutschen Filmpreises ins Haus. Weil die Kommission den umstrittenen Film abgelehnt hatte, bat der Minister sie um Nachsitzen und Doppelt-Gucken. Die Crux dabei: Der Eingriff ins laufende Verfahren vertrug sich schlecht mit der satzungsrechtlich verankerten Unabhängigkeit der Jury. Und so beschloss sie kurzerhand auch, das ministerielle Ansinnen kühl abzulehnen.

Warum der fein säuberlich unter der Decke gehaltene Vorfall ein Jahr später, am Vorabend der heutigen Filmpreisverleihung, noch immer von Belang ist? Nun, der Minister hat die verdiente Niederlage vielleicht ein-, aber nicht weggesteckt. Als Zahlemann des höchstdotierten deutschen Kulturpreises sollte er bei dessen Vergabe so gar nichts zu sagen haben? Da musste doch irgendwas zu deichseln sein. Eine neue Regel zum Beispiel. Oder eine alte, mit ein bisschen Geschick nur neu auszulegen.

Und, siehe da, das Hintertürchen fürs Gestaltungsbedürfnis hat der Minister in den eigenen Filmpreis-Richtlinien gefunden. Weil das Kulturstaatsministerium schließlich selber Filme fördere, so heißt’s aus seinem Hause, gehöre es auch zu jenen „Verbänden“ und „Einrichtungen des Deutschen Films“, die laut Richtlinien der Jury Filme zur Preisverleihung vorschlagen können. Aha: Der Hausherr gönnt sich offenbar selbst einen kräftigen Nachschlag. Welcher höfliche Gast wird da schon sagen, dass ihm das Essen nicht schmeckt?

Nun mag man die Filmpreis-Jury, in der neben Branchenfachleuten auch zwei Bundestagsabgeordnete und sogar ein Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz sitzen, beurteilen, wie man will. Eines war sie jedenfalls bislang: vom Auslober des Preises in ihrer Arbeit gänzlich unabhängig. In über 50 Jahren Deutscher Filmpreis haben die zuständigen Minister und ihre Filmabteilungen zudem kein einziges Mal selbst von dem formal denkbaren eigenen Vorschlagsrecht Gebrauch gemacht. Sie werden dafür ihre wohl erwogenen Gründe gehabt haben.

Bleibt die Jury formal unabhängig, wird sie Vorschlag auf Vorschlag des Ministers - oder seiner Nachfolger – auch künftig abschmettern können. Aber der Deutsche Filmpreis, der sich abgesehen von CSU-Zimmermanns Eingriffsgelüsten in den Jahrzehnten seines Bestehens im Ganzen als Glücksfall deutscher Film(subventions-)politik bewährt hat, käme mehr und mehr in den Ruch einer Veranstaltung, für die ihr Auslober und zugleich Filmförderer die eigenen Favoriten durchdrücken will. Konsequenter wäre es da , die Jury gleich ganz abzuschaffen. Aber dafür ist Julian Nida-Rümelin ein viel zu feiner Mann.

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