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Kultur: Hehre Ideale

Buchvorstellung zum jüdischen Mäzenatentum

Das Mäzenatentum jüdischer Bürger im 19. und frühen 20. Jahrhundert wird heutzutage gern bemüht, wenn es gilt, zivilgesellschaftliche Tugenden zu fordern. Doch die besonderen Bedingungen dieser Philanthropie sind noch immer wenig bekannt. Ein vom Haus des Kulturstaatsministers Ende 2006 veranstaltetes Berliner Kolloquium hat tiefere Einsichten zu herausragenden Stifterpersönlichkeiten nicht nur von der Spree – man denke an James Simon –, sondern ebenso aus Frankfurt am Main, Dresden, Breslau und München vermittelt. Die Vorträge sind jetzt in Buchform erschienen (Sammeln, Stiften , Fördern. Jüdische Mäzene in der deutschen Gesellschaft. Hrsg. von der Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste Magdeburg, 320 S., 24,90 €). Hermann Parzinger, der neue Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, lud zur Vorstellung in seinen Amtssitz.

Als besonders verdienstvoll hervorzuheben ist, dass das Mäzenatentum aus den Kreisen jüdischer Bankiers und Industrieller in den Zusammenhang der Geschichte der bürgerlichen Gesellschaft gestellt wird. Im Kaiserreich argwöhnisch beäugt, bedeutete Stiften für das jüdische Großbürgertum einen, wenn nicht den Weg zu offizieller Anerkennung. Doch nicht so sehr der „Wunsch nach Anerkennung, Prestige und sozialem Aufstieg“ – wie der Historiker Peter Paret einmal formuliert hat – bildete die Triebfeder, sondern vielmehr, so die neuen Erkenntnisse, das aus dem deutschen Idealismus erwachsene Selbstbild von Bildung und Verantwortung. Gelegentlich, wie im Fall der weitverzweigten Familie Rothschild, kommt ein ausgeprägter Lokalpatriotismus hinzu. Insgesamt ist das Buch nicht nur ein wichtiger Beitrag zum Mäzenatentum, sondern überhaupt zur Geschichte des Bürgertums in Deutschland. Bernhard Schulz

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