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Kultur: Heilige Heuschrecke

Wenn es stimmt, dass sich Begeisterung überträgt, dann wird es bald noch mehr Liebhaber alter Druckgrafik geben. Zum zweiten Mal hat das Auktionshaus Bassenge im Rahmen seiner Versteigerungen alter und moderner Kunst einen Extra-Katalog ausgewählter Grafik aus drei Jahrhunderten produziert, der für den Leser eine beeindruckende Fülle interessanter Informationen bereit hält.

Wenn es stimmt, dass sich Begeisterung überträgt, dann wird es bald noch mehr Liebhaber alter Druckgrafik geben. Zum zweiten Mal hat das Auktionshaus Bassenge im Rahmen seiner Versteigerungen alter und moderner Kunst einen Extra-Katalog ausgewählter Grafik aus drei Jahrhunderten produziert, der für den Leser eine beeindruckende Fülle interessanter Informationen bereit hält. Auch der Laie kann so eine Vorstellung davon gewinnen, "wie lebendig und fesselnd die Beschäftigung mit Druckgrafik sein kann", wie es emphatisch im Katalogvorwort heißt.

Von musealer Qualität sind viele der hervorgehobenen Werke - zum Beispiel sieben Radierungen von Claude Lorrain, die den wohl bedeutendsten "peintre-graveur" des 17. Jahrhunderts als ungemein sensiblen Landschaftsgestalter zeigen (Schätzpreise zwischen 7500 und 40 000 Mark). Von Bernardo Bellotto stammt ein Rarissimum: die große, mit lebendig wirkender Staffage angereicherte Vedute von Warschau, die der Künstler 1774, wenige Jahre nach seiner Ernennung zum Hofmaler des polnischen Monarchen anfertigte (Taxe 40 000 Mark).

Das am höchsten geschätzte Altmeister-Blatt findet sich im regulären Katalog: Als einen seiner ersten vollgültigen Kupferstiche schuf Dürer 1495 in Nürnberg die "Heilige Familie mit der Heuschrecke", die in einem Frühdruck von außergewöhnlicher Qualität vorliegt und 150 000 Mark kosten soll. Mit diesem Preis übertrifft das Werk auch alle Arbeiten des 20. Jahrhunderts, die in einem eigenen Katalog zusammengefasst sind. Eines der Spitzenstücke ist hier die fast gespenstisch anmutende Gouache "Tanzende" von Erich Heckel, die 1917 in Flandern entstand, wo der Künstler während des Krieges als Sanitäter eingesetzt war (60 000 Mark). George Grosz beeindruckt noch heute mit einer frühen, nervösen Federzeichnung aus dem Romanischen Café (um 1912, 40 000 Mark). Noch stärker berühren allein Ludwig Meidners Endzeit-Visionen in der ekstatischen Darstellung "Apokalypse" von 1913 den Betracher (Taxe 30 000 Mark).

MK

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